Polen-Newsletter 42/2018
vom 18.10.2018
Mitte 21 – Verein zur Förderung der Völkerverständigung und der Demokratie e.V.
wiadomosci.onet.pl
Der Präsident ernannte neue Richter des Obersten Gerichtshofs. Prof. Zoll: „Es ist eine Handlung außerhalb des Gesetzes. Jemand muss zur Rechenschaft gezogen werden!“
Die 27 neuen Richter des Obersten Gerichtshofs wurden heute [10.10.2018] von Präsident Andrzej Duda ernannt. Dies geschah, obwohl das Einstellungsverfahren durch eine endgültige Entscheidung des Obersten Verwaltungsgerichts ausgesetzt war. Nach Ansicht des Sprechers des Obersten Gerichtshofs, Richters Michał Laskowski, ist das Verhalten des Präsidenten „eine auffällige Missachtung von Gerichtsentscheidungen“. „Es ist offensichtlich, dass es sich um eine anormale Situation handelt. Es gehört sich nicht so“, sagt er in einem Gespräch mit Onet.
Die aktuelle Situation und die Handlung des Präsidenten wurden von Prof. Andrzej Zoll, dem ehemaligen Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes, in einem Interview mit Onet bewertet. „Jemand muss in der Zukunft zur Rechenschaft gezogen werden, denn die gesamte Situation entspricht absolut nicht den Regeln eines Rechtsstaates“, sagt er. „Der Präsident bricht diese Regeln, weil das Gericht, in diesem Fall das Oberste Verwaltungsgericht, über der Entscheidung des Nationalrats der Justiz steht. Und der Präsident kann das rechtmäßige Urteil dieses Gerichts nicht ignorieren!“ betont Prof. Zoll.
„Ich muss ehrlich sagen, dies führt zu Anarchie. Weil jeder jetzt sagen kann: ‘Warum sollte ich die Geldbuße zahlen, die das Gericht mir aufgelegt hat, wenn der Präsident nicht auf die Gerichte hört?’ Und das ist definitiv ein Handeln außerhalb des Gesetzes”, betont der ehemalige Präsident des Verfassungsgerichtshofes.
„Was den Präsidenten betrifft, so ist es leider nicht das erste Mal, dass wir eine solche Situation erleben. Deshalb möchte ich noch einmal betonen, dass, wenn wir in der Zukunft wieder das Recht anwenden werden, muss jemand zur Rechenschaft gezogen werden! Denn man kann das Verhalten von Menschen nicht akzeptieren, die den höchsten Rechtsakt der Republik, nämlich die Verfassung, nicht berücksichtigen. Und auch die heutige Entscheidung des Präsidenten ist verfassungswidrig”, sagt Prof. Zoll.
dw.com/pl
Deutscher Medienpreis für einen polnischen Journalisten: „Er ließ sich nicht einschüchtern“
Der polnische Journalist Tomasz Piątek erhielt den diesjährigen Leipziger Preis für Freiheit und Zukunft der Medien. „Der Preis wurde am Freitag für seine journalistische Untersuchung der Verbindungen des ehemaligen Verteidigungsministers Antoni Macierewicz mit Russland verliehen“, teilte die Medienstiftung der Sparkasse mit. „Trotz der immer schwierigeren Arbeitsbedingungen für Journalisten in Polen ließ sich Tomasz Piątek nicht einschüchtern und setzte seine Arbeit fort“, erklärte Stephan Seeger, der Vorsitzende der Stiftung.
Der mit 30.000 Euro dotierte Preis wurde am Freitagabend in Leipzig verliehen. „Mit diesem Preis werde ich den unabhängigen Journalismus unterstützen, nicht nur meinen eigenen und nicht nur in Polen“ sagte Piątek bei der Preisverleihung in Leipzig. Darüber hinaus kündigte er weitere Veröffentlichungen über die Beziehungen zwischen Mitgliedern der polnischen Regierung und der russischen Politik an. Er forderte auch die europäischen Politiker auf, „jene Politiker, die durch Lügen an die Macht gekommen sind und sie nutzen, um die Wahrheit zu unterdrücken“ nicht zu akzeptieren.
Der Leipziger Medienpreis wird seit 2001 an Journalisten vergeben, die sich besonders für Medienfreiheit und unabhängigen Journalismus einsetzen. Im vergangenen Jahr ging dieser Preis an die deutsch-türkischen Journalisten Denis Yücel und Asti Erdogan.
fronda.pl
Premierminister bei CNN darüber, was der Westen an Polen nicht versteht
Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat im CNN-Gespräch mit Richard Quest auf die Frage, warum Polen so ernste Schwierigkeiten in der EU mit der Rechtsstaatlichkeit habe, geantwortet: „Die Fakten stehen so, dass viele Länder West-Europas, die nicht durch die Zeiten des Kommunismus und des Post-Kommunismus durchgegangen sind, die seltsamen und andersartigen Vorkommnisse, die in Mittel-Ost-Europa stattfinden, nicht verstehen.
Er unterstrich, dass Polen sehr pro-europäisch sei, doch etwas skeptisch gegenüber Brüssel und fügte hinzu, dass Polen eine unabhängige Politik führe und nicht vor habe, die Migrationspolitik der EU mitzutragen.
http://www.fronda.pl/a/premier-w-cnn-o-tym-czego-w-polsce-nie-rozumie-zachod,116329.html
wyborcza.pl
Olga Tokarczuk im Finale des prestigeträchtigen National Book Award! „Bieguni“ [deutscher Titel: „Unrast“] ist einer der fünf besten übersetzten Romane in den USA
Der National Book Award für die besten in den Vereinigten Staaten veröffentlichten Bücher ist einer der wichtigsten Literaturpreise der Welt. Der Roman „Bieguni“ von Olga Tokarczuk, übersetzt von Jennifer Croft unter dem Titel „Flights“, ist in einer neuen Kategorie nominiert: in Englisch übersetzte Bücher.
Zuvor war diese Übersetzung bereits mit dem International Booker Prize, dem wichtigsten britischen Literaturpreis, ausgezeichnet worden.
Die Gewinner des National Book Award werden am 14. November bekannt gegeben.
wiadomosci.gazeta.pl
Kommunalwahlen 2018. Lassen Wahlkomitees neue Wähler in Warschau registrieren? Die Statistiken des Rathauses zeigen eine „überraschende Dynamik“
Ein Facebook-Nutzer beschrieb eine Situation, die auf eine „künstliche“ Aufnahme von Personen in das Wählerverzeichnis in Warschau hindeuten könnte. Wie sich herausstellt, ist der Anstieg der Zahl der registrierten Wähler tatsächlich hoch. „Das ist eine überraschende Dynamik“, informiert der Sprecher des Rathauses.
Vor einigen Tagen beschrieb Sebastian Deptuła diese Situation auf Facebook: „Eine Gruppe von Leuten fragt mich nach dem Weg zum Rathaus (und wir waren 200 Meter vom Gebäude entfernt). Es stellt sich heraus, dass diese Gruppe ‘neue Einwohner’ des Stadtteils sind, die Anträge auf die Möglichkeit der Abstimmung in Warschau stellen und für die Partei PiS stimmen werden. Sie versuchten, mich davon zu überzeugen, dass der Kandidat von PiS auf das Amt des Warschauer Bürgermeisters Herr Jaki die Hauptstadt so sehr liebt, dass er es in ein Schlaraffenland umwandeln wird. Okay, ich werde helfen (aber warum ein Bewohner des Stadtteils nicht weiß, wo der Rathaus ist?)“, lesen wir in dem Facebook Eintrag.
Dann beschreibt dieser Facebook-Benutzer, wie bei einer der Personen in der Gruppe das Telefon klingelte. „Hey, ich kann jetzt nicht zu viel reden, wir wurden in einem anderen Ort abgesetzt und wir haben uns verlaufen, aber wir sind schon beim Rathaus, wir machen Anträge und ich sollte zum Abendessen zu Hause sein. (…) Nein, wir haben Warschau nicht gesehen, weil wir keine Zeit hatten. Sie sagten, dass es nach 21.00 Uhr Zeit dafür geben würde“, sollte ein Mitglied der verirrten Gruppe am Telefon gesagt haben.
Können Wahlkomitees wirklich Bewohner anderer Landesteile nach Warschau „bringen“, um sie in das Wählerverzeichnis einzutragen? Es ist schwierig, das zu beweisen, aber das Portal Onet.pl griff nach der Statistik des Rathauses der Hauptstadt. Nach Angaben des Magistrats wurden seit Anfang dieses Jahres 9155 Personen in das Wählerverzeichnis aufgenommen. Während des gesamten Jahres 2014 (in diesem Jahr fanden die letzten Kommunalwahlen statt) wurden 4354 Personen in das Wählerverzeichnis aufgenommen. Von Anfang 2018 bis 12. August 2018 wurden 365 solcher Anträge bei den Ämtern eingereicht, während nur vom 13. August bis 9. Oktober 8790 Personen in das Register eingetragen wurden. Das sind keine großen Zahlen, aber das Rathaus selbst ist von diesem Anstieg überrascht. „Dies ist eine überraschende Dynamik im Vergleich zum gleichen Zeitraum vor den letzten Kommunalwahlen. Es stellt sich die Frage, ob es sich hierbei nicht um organisierte Aktivitäten handelt, die das Endergebnis der Abstimmung beeinflussen können“, kommentierte Bartosz Milczarczyk, Sprecher des Rathauses in Onet.
wiadomosci.onet.pl
„Verschlechterung der Rechtsstaatlichkeit“. Polen massiv gesunken im Demokratie-Ranking
In der neuesten Veröffentlichung des internationalen Demokratie-Rankings, das von der Bertelsmann-Stiftung erarbeitet wird, ist Polen massiv nach unten gerutscht. In der Gruppe der 41 OECD-Staaten fiel Polen um 29 Plätze auf den 37. Platz.
„Der Hauptgrund sei die deutliche Verschlechterung der Rechtsstaatlichkeit, vor allem wegen der Einschränkung der Unabhängigkeit der Justiz“, sagte Daniel Schraad-Tischler, Leiter des Forschungsprojekts, der Tageszeitung „Rzeczpospolita“. In dem Bericht erwähnte man auch die „Verparteilichung“ der öffentlichen Medien, die Einschränkungen des Versammlungsrechts, die wachsende Brutalität der Polizei, Änderungen im Wahlrecht und die Versuche, die Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) zu kontrollieren.
Laut den Autoren ist es ebenfalls besorgniserregend, dass in Polen gleichzeitig das Vertrauen zu der Regierung in den letzten Jahren gestiegen ist.
Zitat der Woche
Premierminister Mateusz Morawiecki auf den Tonaufnahmen aus dem Restaurant „Sowa i Przyjaciele”, Frühjahr 2013 darüber, wie leicht sich die Menschen zum Beispiel mit einer Werbung manipulieren lassen.
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Medienspiegel – in der deutschsprachigen Presse über Polen
zeit.de Die polnische Regierungspartei PiS herrscht inzwischen fast uneingeschränkt. Haben ihre Wähler das wirklich gewollt? welt.de „Oikophobie“ lautet der Vorwurf an die Richter sz.de Kino in Polen – „Zivilisationskrieg” n-tv.de 27 neue Oberste Richter ernannt Duda bringt Polens Justiz weiter auf Linie n-tv.de Neuer Eklat in Diplomatie-Krise. Polen blockiert Grundrechte-Charta der EU |
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