Polen-Pressespiegel 51/2019 vom 19.12.2019
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onet.pl

Olga Tokarczuks Nobelpreis-Rede: die 10 wichtigsten Fragmente


Olga Tokarczuk, die Literatur-Nobelpreisträgerin für 2018, hielt am Samstag in Stockholm eine Rede mit dem Titel „Ein sensibler Erzähler“. Die Schriftstellerin erhielt den Preis „für narrative Imagination, die mit enzyklopädischer Leidenschaft Grenzüberschreitungen als Lebensform präsentiert“. Tokarczuk sprach über das Informationschaos der modernen Welt, die Schattenseiten des universellen Zugangs zu dem Wissen, über die Mehrteiler und über den Platz der Literatur in der modernen Welt. Hier sind die 10 wichtigste Auszüge aus ihrer Rede.1. Wir können uns über die Welt nicht verständigen
„Die Welt besteht aus Worten“, betonte die Schriftstellerin. „Was nicht erzählt wird, hört auf zu existieren und stirbt. Die Art und Weise, wie wir über die Welt denken, und, was noch wichtiger ist, wie wir über sie sprechen, ist von großer Bedeutung. Etwas, was passiert ist, aber nicht erzählt wird, hört auf zu existieren und stirbt. Das wissen nicht nur Historiker, sondern auch (und vielleicht vor allem) Politiker aller Couleur und Tyrannen. Derjenige, der eine Geschichte hat und sie erzählt, der regiert.“ Die Gegenwart kann ihre Welt nicht erzählen oder beschreiben, sie kann ein Projekt der Zukunft nicht erstellen.2. Wir verlieren uns in dem Chaos von Informationen und verfügbaren Erzählungen
„Literatur ist ein demokratischer Raum. Jeder kann sprechen, eine Stimme kreieren, mit der er spricht. Ich glaube nicht, dass so viele Menschen jemals in der Geschichte der Menschheit sich mit dem Schreiben beschäftigt haben“, sagte die Nobelpreisträgerin. „Der Instinkt der Mitteilung (…) drückt sich am besten in der Kunst aus. Wir wollen bemerkt werden“, erklärte sie. Dies führt jedoch zu einer Überexpression und zum Chaos der Erzählungen. „Die Stimmen folgen ähnlichen Wegen und übertönen sich letztendlich“, sagte Tokarczuk und sprach von „einer Kakophonie von Geräuschen und unerträglichem Rauschen“. „Das Internet ist wie die Erzählung eines Idioten, voll Wut und Geschrei“, so paraphrasierte sie „Macbeth“ von Shakespeare.3. Mehrteiler als große Erzählweise
Der Buchmarkt wurde kommerzialisiert und die Literatur quasi in Sportdisziplinen unterteilt. „Wir erleben die Entstehung einer neuen Art des Geschichtenerzählens“, sagte Tokarczuk. Diese Art des Erzählens gab es bereits in Mythen. Sie erinnerte daran, dass die Helden der alten Epen die ersten Helden von Mehrteiler waren. Derzeit sind sie in der Lage, nicht nur die Aufmerksamkeit des Publikums zu fesseln, sondern auch handlungsreiche Geschichten zu verfassen und eine psychologische Tiefe der Charaktere aufzubauen. Die Helden der modernen Mythen sind Figuren aus der Welt der Popkultur.4. Wissen als Heilmittel für die Krankheiten der Welt?
„Erfüllte Träume enttäuschen oft. Es stellte sich heraus, dass wir nicht in der Lage sind, diese enorme Menge an Informationen zu ertragen“, sagte Tokarczuk und beantwortete die in ihrem Vortrag gestellte Frage nach dem Internet als Quelle für einen demokratischen und unmittelbaren Zugang zum Wissen. „Anstatt die Harmonie der Welt zu hören, hören wir eine unerträgliche Kakophonie von Geräuschen und das Rauschen.“ Das Netz hat seine Rolle in diesem Bereich nicht erfüllt und trug zur Schaffung und Verbreitung von Fehlinformationen und „falschen Nachrichten“ bei, was das Gefühl von Unsicherheit und Informationschaos weiter vertieft. Gefälschte Nachrichten stellten „neue Fragen darüber, was die Fiktion ist“, stellte Tokarczuk fest. Die Daten werden nicht zur Verbreitung von Wissen und Fortschritt verwendet, sondern für geschäftliche und politische Spiele.5. „Der Roman wird vor unseren Augen zu einer Nebensächlichkeit“
Warum ein Reisetagebuch führen, wenn man ein Foto in den sozialen Medien veröffentlichen kann? Warum einen Roman lesen, wenn man einen Mehrteiler sehen kann? Warum eine Biografie lesen, wenn das Leben von Prominenten im Internet verfolgt werden kann?, fragt die Schriftstellerin und fügt hinzu: „Der Welt fehlt etwas, wenn wir sie durch die Scheibe des Bildschirms erleben.“ Sie vermittelt uns die Realität mit ihrer Komplexität und Gewalt. Panisch verlangen wir nach einer Bestätigung der Echtheit einer Geschichte, die wir lesen. „Wie erklärt man den ontologischen Status von Hans Castorp, Anna Karenina oder Pu der Bär? Diese Art der Leserneugier ist eine zivilisatorische Regression, eine Beeinträchtigung der mehrdimensionalen, spezifischen, historischen, aber auch symbolischen und mythischen Beteiligung an der Kette von Ereignissen, die wir unser Leben nennen“, fügte sie hinzu. „Die Erfahrung, das sind Fakten, die interpretiert werden.“6. „Irgendwas stimmt mit der Welt nicht“
„Irgendwas stimmt mit der Welt nicht. Dieses Gefühl, das einst nur den neurotischen Dichtern vorbehalten war, wird heutzutage zu einer Epidemie der Unbestimmtheit, der von überall einsickernden Unruhe“, bemerkte die Autorin von „Die Jakobsbücher“. Kann die Literatur, die den Sinn in der Welt sucht, ein Heilmittel für diesen Zustand sein? Wie Tokarczuk bemerkt, auch wenn wir eine am sparsamstem geschriebene Geschichte lesen, können wir nicht davon absehen, existenzielle Fragen zu stellen. „Eine Erzählung bedeutet das Organisieren in der Zeit einer unendlichen Menge von Informationen und sie stellt ihre Beziehung zur Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft her (…), an der sowohl Vernunft als auch Emotionen beteiligt sind“, erklärte sie. „Literatur ist einer der wenigen Bereiche, die versuchen, uns an die konkrete Welt zu binden.“7. „Die Welt stirbt und wir bemerken es nicht einmal“
Wir leben in einer „Welt der Zombies“, in einem Albtraum der Technologie. Unsere Spiritualität und Vorstellungskraft schwinden. Wir können die Realität nicht selbst interpretieren, indem wir uns auf fertige, einfache, oft verlogene Erzählungen verlassen. Die politische Krise und die Klimakrise, in denen sich die Welt befindet, „kamen nicht aus dem Nichts (…)“. Egoismus, Konkurrenzdenken, Gier, und wir teilen die Welt in Stücke. „Deshalb muss ich so sprechen, als wäre die Welt eine Einheit“, betonte sie. „Wir bekommen eine Nummer, ein Abzeichen, die Karten (…), die versuchen, uns auf Teile der Realität zu reduzieren.“8. „Ich träume von einer neuen Art von Erzähler, in der 4. Person“
Er ist jedoch kein grammatikalisches Konstrukt. Er kann die Perspektive der einzelnen Charaktere verstehen, über ihren Horizont hinausgehen, weiter sehen, über die Zeit hinaus. Wer ist so ein Erzähler? „Wir können diese Figur des mysteriösen Erzählers als den Punkt betrachten, von dem aus man alles sieht, alle Verbindungen zwischen existierenden Dingen.“
Die Schriftstellerin sprach über die Notwendigkeit einer neuen Erzählweise, die die komplexen Beziehungen der gegenwärtigen Welt bewältigen kann.9. Man muss Fenster und Bildschirme zerstören
„Die Welt gesehen durch Fenster und Bildschirme wird unwirklich“, fuhr sie fort. Wir werden, den Begriff des Realismus neu definieren müssen. Das Bedürfnis nach Realität wird heute von Medien- und Internetportalen befriedigt, welche die Erzählung über die Welt fragmentieren und infantilisieren. „Unsere Realität ist heute schon surreal geworden.“Die Schriftstellerin postuliert, dass wir uns an die Mythen erinnern, welche die Bausteine unseres Bewusstseins sind. Ihren Einfluss auf unsere Psyche kann man nicht ignorieren. Sie wartet auf eine neue Erzählweise, die zu der heutigen Welt passen würde. „Vielleicht ist dies die Rolle der Künstler: Einen Vorgeschmack auf das zu geben, was existieren könnte. Eine Vorstellung erzeugen. Das, was vorgestellt ist, ist die erste Stufe der Existenz.“10. Sensibilität
„Sensibilität ist selbstlos und ehrlich, sie ist eine melancholische Teilnahme am Schicksal, besorgt über die Zerbrechlichkeit und Einzigartigkeit eines anderen Menschen“, sagte Tokarczuk. Es ist die Sensibilität, die uns die Welt als etwas Lebendiges zeigt. Die Schriftstellerin sagt, dass sie versuchte, während der Arbeit an jedem ihrer Bücher, die Charaktere zu verstehen und zu fühlen, was sie fühlen. „Literatur baut auf Sensibilität. Dies ist der grundlegende psychologische Mechanismus eines Romans“ schätzt sie.

Zsfg.: JP

https://www.onet.pl/kultura/onetkultura/wyklad-noblowski-olgi-tokarczuk-o-czym-mowila-pisarka/pjs3nem,ddf42670

blog.polityka.pl

Die Anwendung des EuGH-Urteils hat begonnen. Rollt jetzt eine Lawine?

Die Richter ließen sich von Disziplinarverfahren oder Suspendierungen nicht einschüchtern. Das Berufungsgericht in Katowice, konkret die Richter Aleksandra Janas (Vorsitzende) und Irena Piotrowska, hat heute einen Fall ausgesetzt und das Oberste Gericht gebeten, die Rechtsfrage zu klären: Sind die Entscheidungen von Richtern, die vom neuen Landesrat für Gerichtsbarkeit [KRS] nominiert wurden, als Urteile zu betrachten?
Dies ist wahrscheinlich der erste derartige Antrag seit dem Urteil der Arbeiterkammer des Obersten Gerichts, in dem die Kammer auf der Grundlage eines Urteils des Gerichtshofs der EU entschieden hat, dass der KRS kein unabhängiges Organ ist, weshalb die auf dessen Empfehlung erfolgte Ernennung von Richtern fehlerhaft ist.

Die Richter in Katowice fragen, ob die Tatsache der Ernennung durch den neuen KRS „eine unabhängige und ausreichende Voraussetzung darstellt, um zu dem Schluss zu gelangen, dass die Zusammensetzung des Gerichts den gesetzlichen Bestimmungen im Sinne von Art. 379 Punkt 4 der Zivilprozessordnung zuwiderläuft.“ Diese Bestimmung besagt, dass ein Verfahren ungültig ist, wenn „die Zusammensetzung des angerufenen Gerichts gegen die gesetzlichen Bestimmungen verstoßen hat“.
[…] Wenn weitere derartige Anfragen der Gerichte eingehen werden, hat die erste Präsidentin des Obersten Gerichts die Grundlage, diese Rechtsfrage an die vollständige Zusammensetzung des Obersten Gerichtshofs weiterzuleiten, in der die oppositionellen Richter einen klaren Vorsprung haben (70:37). Auf diese Weise wird das Oberste Gericht allen Richtern in Polen eine solide Rechtsgrundlage geben, Entscheidungen, an denen die sogenannten neuen Richter beteiligt sind, nicht anzuerkennen und sich zu weigern, mit ihnen gemeinsam zu Gericht zu sitzen.
[…]

Zsfg.: MB

https://siedlecka.blog.polityka.pl/2019/12/11/zaczelo-sie-stosowanie-wyroku-tsue-ruszy-lawina/?fbclid=IwAR0SiIjMLd_Y-Z1sGaUzD6rLVl-MWOIRWmD6luEH2jaAvW6vwbHMTiT98Ms

rpo.gov.pl
Resolutionen zur Bekämpfung der „LGBT-Ideologie“ im Widerspruch zum Legalitäts- und Menschenrechtsprinzip. Erste gerichtliche Klagen des Bürgerrechtsbeauftragten

In mehr als 50 Gemeinden, Landkreisen sowie in einigen Kommunalprovinzen gibt es Beschlüsse, um der „LGBT-Ideologie“ entgegenzuwirken – die Zahl dieser Beschlüsse wächst weiter. Der Bürgerrechtsbeauftrage Adam Bodnar protestiert entschieden dagegen. Jetzt hat er erste Klagen gegen ausgewählte Beschlüsse bei fünf verschiedenen Provinzverwaltungsgerichten eingereicht. Er lehnt Maßnahmen von Behörden ab, die darauf abzielen, Einzelpersonen und Gruppen auf der Grundlage von Vorurteilen und Stereotypen zu stigmatisieren und vom gesellschaftlichen Leben auszuschließen.
Der Bürgerrechtsbeauftragte hat die gesetzliche Verpflichtung, im Interesse der Gleichbehandlung zu handeln. Er hat auch entsprechende Befugnisse – als Verfassungsorgan, das die Rechte und Freiheiten von Menschen und Bürgern wahrt, ist er befugt, beim Verwaltungsgericht der Provinz Klagen in Angelegenheiten von allgemeinem Interesse einzureichen. Diese Befugnis nutzend klagt der Ombudsmann bei fünf Provinzverwaltungsgerichten über ausgewählte Beschlüsse von Gemeinderäten zur Bekämpfung der „LGBT-Ideologie“. Die Klagen beziehen sich auf Beschlüsse folgender Gemeinden: Istebna (Woiwodschaft Schlesien), Lipinki (Woiwodschaft Kleinpolen), Klwów (Woiwodschaft Masowien), Serniki (Woiwodschaft Lublin), Niebylec (Woiwodschaft Karpatenvorland).
Nach Ansicht des Bürgerrechtsbeauftragten sind diese Rechtsakte:

  • dem Verfassungsprinzip des Legalismus zuwiderlaufend, wonach die Behörden auf der Grundlage und im Rahmen von Gesetzen handeln;
  • eine souveräne Disposition für die Exekutivorgane der Gemeinde und anderer untergeordneter Organe darstellend, zu der sie als Gemeinderat nicht berechtigt waren;
  • eine Diskriminierung von nicht-heteronormativen und transgender Personen, sie aus der lokalen Regierungsgemeinschaft ausschließend;
  • die Rechte und Freiheiten der Einwohner der Gemeinde – ihr Recht auf Privat- und Familienleben, Meinungsfreiheit, das Recht auf Bildung, das Recht auf Lehre und das Recht auf Erziehung nach eigenem Ermessen – auf rechtswidrige Weise einschränkend, da Einschränkungen dieser Rechte und Freiheiten nur im Gesetz auftreten können.

Nach Ansicht des Bürgerrechtsbeauftragten stehen alle Resolutionen (einschließlich derjenigen, die als Positionen, Erklärungen und andere Formen der Meinungsäußerung bezeichnet werden) von Behörden, die die Menschenrechte und Freiheiten beeinträchtigen, indem sie die „Bekämpfung der LGBT-Ideologie“ ankündigen, im Widerspruch zum allgemein geltenden Recht. Doch selbst bei bestmöglicher Nutzung der verfügbaren Ressourcen ist der Bürgerrechtsbeauftragte nicht in der Lage, gegen alle bisher angenommenen Resolutionen dieser Art zu klagen. Aus diesem Grund wurden Klagen gegen ausgewählte Beschlüsse von Gemeinderäten im Zuständigkeitsbereich verschiedener Provinzverwaltungsgerichte eingereicht. Neben dem territorialen Kriterium wurden bei der Beurteilung der Anfechtbarkeit einzelner Entschließungen auch Verfahrensfragen und der Grad der Beeinträchtigung der Menschenrechte und Freiheiten berücksichtigt. Die Arbeiten an weiteren Klagen bei den Verwaltungsgerichten werden fortgesetzt.
Eine der größten Bedrohungen im Zusammenhang mit den Resolutionen zur Bekämpfung der „LGBT-Ideologie“ scheint das Ausmaß des Phänomens zu sein, das sich aus der Überzeugung ergibt, dass solche Handlungen legal seien. Der Bürgerrechtsbeauftragte hofft, dass, wenn die Gerichte seine Klagen prüfen und über die Nichtigkeit der ausgewählten Entschließungen entscheiden, dies ein klares Signal an andere Behörden senden wird, dass es im polnischen Rechtssystem keine Zustimmung zu Handlungen gibt, die gegen die grundlegenden Menschenrechte und Freiheiten verstoßen.
Der Bürgerrechtsbeauftragte ist entschieden gegen Maßnahmen, insbesondere von Behörden, die darauf abzielen, Einzelpersonen und Gruppen in der Gesellschaft zu stigmatisieren und auszuschließen, basierend auf tief verwurzelten Vorurteilen und Stereotypen. Jeder ist vor Diskriminierung geschützt, so dass jede Ungleichbehandlung aufgrund persönlicher Merkmale (wie Geschlecht, sexuelle Orientierung usw.) eine angemessene Reaktion einer unabhängigen Gleichbehandlungsstelle, wie es in Polen der Bürgerrechtsbeauftragte ist, erfordert.

Zsfg.: AV

https://www.rpo.gov.pl/pl/content/rpo-skarzy-do-sadow-uchwaly-samorzadow-o-przeciwdzialaniu-ideologii-lgbt?fbclid=IwAR0flLdpb_pe2jlmca2VPbOELOjVm7lG8rHzbiQKt-tWu89uELKaR9DBUaE

onet.pl

Nach dem Bericht des Obersten Rechnungshofes über die „Arbeit von Strafgefangenen“ fordert die Bürgerkoalition (KO) die dringende Einberufung des parlamentarischen Justizausschusses.


Am Dienstag veröffentlichte der Oberste Rechnungshof einen Bericht über das Programm „Arbeit für Strafgefangene“. Der Bericht zeigt, dass zahlreiche Unregelmäßigkeiten bei der Finanzierung von Investitionen und Renovierungen mit öffentlichen Mitteln festgestellt wurden. Im Zusammenhang mit den Ergebnissen der Kontrolle des Obersten Rechnungshofs wurde auch eine landesweite Kontrolle eingeleitet, die das Justizministerium, den Zentralausschuss des Strafvollzugs und sieben weitere Einheiten umfasst. Sie wird voraussichtlich bis Ende Januar 2020 dauern.
Der Fraktionsvorsitzende der KO Boris Budka fand den Bericht „schockierend“. „Diese 16 Anträge an die Staatsanwaltschaft zeigen, dass es sich um ein weiteres Spinnennetz handeln könnte, das in den Gefängnisdienst verwickelt ist. Dies wird nicht ohne Reaktion der KO-Fraktion bleiben, wir werden die in den Sejmregularien vorgesehenen Initiativen ergreifen“, sagte Budka auf einer Pressekonferenz. Nach seinen Worten verlangt diese Angelegenheit Aufklärung. „Es darf keinen Schatten des Zweifels geben, und es darf nicht sein, dass es irgendwo im medialen Umfeld konkrete Behauptungen über die Verbindungen zwischen Politikern der PiS und ihren Familien und ihre Beteiligung an dieser empörenden Praxis gibt. Wie man sehen kann, hat der Oberste Rechnungshof Beweise für all dies, da er beschließt, Anträge bei der Staatsanwaltschaft einzureichen“, betonte der KO-Fraktionsvorsitzende.
Später, auf einer weiteren Pressekonferenz, kündigten die Abgeordneten der KO: Jan Grabiec und Michał Szczerba an, dass sie einen Antrag auf dringende Einberufung einer Sitzung des Parlamentsausschusses für Justiz und Menschenrechte stellen würden. Grabiec schätzte, dass der am Dienstag veröffentlichte Bericht „ein riesiges Ausmaß an Missbrauch, Fahrlässigkeit und vielleicht vorsätzlichen Handlungen, die zur Abzweigung von Millionen von Zloty aus dem Staatshaushalt in private Unternehmen führten“, aufzeigt. „Heute ist die Grundfrage, wer das Geld erhalten hat und wer die Menschen sind, die unter Umgehung der Prozeduren bei Auftragsvergaben der öffentlichen Hand, sich aus Mitteln des Staatshaushalts bereichert haben und wer von der Abzweigung von Geldern aus dem Staatshaushalt profitierte“, sagte der Sprecher der Bürgerplattform (PO). Er fragte sich auch, wie es möglich sei, dass das Justizministerium „ein System geschaffen habe, das es ermöglicht, systemische, landesweite öffentliche Haushaltsmittel auf öffentliche Unternehmen zu übertragen“. Daher wird die Fraktion der Bürgerkoalition, wie von Szczerba angekündigt, eine Dringlichkeitssitzung des Parlamentarischen Ausschusses für Justiz und Menschenrechte beantragen, bei der unter anderem der Justizminister Erklärungen abgeben soll. „Wir haben Zweifel, ob es um Arbeit für Strafgefangene ging oder ob es in Wirklichkeit um Arbeit für die eigenen Leute ging“, unterstrich der Abgeordnete der KO.
Im Bericht des Obersten Rechnungshofes heißt es unter anderem, dass im Rahmen der Kontrolle des Programms „Arbeit für Strafgefangene“, das aus Mitteln des Fonds für die berufliche Aktivierung verurteilter Personen sowie Ausbau von Unternehmen im Justizvollzug finanziert wird, 27 Fälle von Auftragsvergaben unter Verstoß gegen die Bestimmungen des Vergaberechts festgestellt wurden und der Gesamtwert der auf diese Weise ausgegebenen Mittel bei über 115 Mio. PLN liegt. Die Rechnungshof-Inspektoren entdeckten auch mehrere Fälle von Unterbewertung von Mieten für Industriehallen – nach den Berechnungen der Kammer können die Verluste aus diesem Grund sogar 37 Millionen PLN erreichen.
Der ehemalige stellvertretende Justizminister, der für den Strafvollzug zuständig war und derzeitiger Europaabgeordneter der PiS, Patryk Jaki, hielt die Vorwürfe des Obersten Rechnungshofs für „lächerlich“ und „politisch“. „Durch dieses große Programm hat der Staat nichts verloren. Die Gefangenen gingen zur Arbeit, sie begannen, für ihren eigenen Lebensunterhalt zu arbeiten. Ihre Familien erhielten Unterhalt, die Rückfallquote sinkt, und staatliche Unternehmen verdienen mehr. Aber dennoch ist alles schlecht. Es wird nach einer Lücke im Ganzen gesucht. Man kann sich die Hände raufen“, schrieb der ehemalige stellvertretende Minister am Dienstag auf Facebook. In seiner an die polnische Presseagentur PAP gerichteten Stellungnahme erklärte das Justizministerium, dass „die Anschuldigungen des Obersten Rechnungshofes unter der Leitung des neuen Präsidenten Marian Banaś bezüglich der Umsetzung des Programms „Arbeit für Strafgefangene“ unbegründet seien. „Dieses Programm wurde und wird in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht, in transparenter Weise und unter Achtung der öffentlichen Mittel durchgeführt. Die Umsetzung ist ein großer Erfolg. Gegenwärtig arbeiten bis zu 13.000 mehr Häftlinge als im Jahr 2015“, betonte das Ministerium.

Zsfg.: AV

https://wiadomosci.onet.pl/kraj/po-raporcie-nik-ws-pracy-dla-wiezniow-ko-wnioskuje-o-pilne-zwolanie-sejmowej-komisji/04w68f8?fbclid=IwAR2BUfUY2ros4o0WVqZFwv1z0weJ-0fCJFm9QYzatafr1E_1lBX0RDdI4Mw

rmf24.pl
Drei Jahre Gefängnis für eine Frage an ein Gericht?


Im Fall von Richtern, die das Oberste Gericht nach der Gültigkeit der Ernennungen von Richtern fragen, deren Ernennung durch den neuen Landesrat für Gerichtsbarkeit [KRS] befürwortet wurde, läuft ein Disziplinarverfahren. Ein Sprecher für Disziplinarverfahren gegen Richter kündigte die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen drei Richter des Berufungsgerichts in Katowice an, die seiner Meinung nach möglicherweise gegen das Gesetz verstoßen haben.
Die Entscheidung, den Obersten Gerichtshof bezüglich auf das Verständnis des Urteils des Obersten Gerichts anzufragen, aus dem hervorging, dass der KRS nicht den Erfordernissen der Unabhängigkeit entspricht, hat das Berufungsgericht in Katowice gestern erlassen. Die Begründung wurde noch nicht vorbereitet, weshalb die Dokumente, die sich auf die Rechtsfrage beziehen, noch nicht offiziell beim Obersten Gericht eingegangen waren. Trotzdem leitete der stellvertretende Sprecher für Disziplinarverfahren Przemysław Radzik heute und unmittelbar nach Bekanntwerden der Entscheidung ein Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit dem Verdacht ein, dass die befragten Richter eine Ordnungswidrigkeit oder sogar eine Straftat begangen hatten, die mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren geahndet werden kann.
[…] Dabei geht es auch darum, zu klären, ob es sich bei den vom neuen KRS ernannten Richtern um Richter handelt oder nicht und ob beispielsweise alle von ihnen erlassenen Urteile für nichtig erklärt werden sollten, und dies können Zehntausende sein.
Nach Ansicht des stellvertretenden Sprechers für Disziplinarfragen kann die bloße Entscheidung, dem Obersten Gerichtshof die vorgelegte Frage zu stellen, als Verletzung der Würde eines Richters angesehen werden, als Überschreitung der Befugnisse des Richters, als Übertragung der Zuständigkeit zur Beurteilung der Arbeitsweise der Verfassungsorgane, als rechtswidriger Eingriff in die Art und Weise der Ernennung von Richtern und – zusammenfassend – als Tätigwerden zum Nachteil des öffentlichen Interesses in Form des reibungslosem Funktionierens der Justiz.
Laut Radzik könnte das Vorgehen von Richtern, die beschlossen haben, eine Rechtsfrage an den Obersten Gerichtshof zu richten, gegen die Verfassung verstoßen und das Verbrechen des Machtmissbrauchs durch einen Beamten darstellen, das mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren geahndet werden kann.
Die Richter, die vom Sprecher für Disziplinarfragen eingeleiteten Verfahren betroffen sind, sind von seiner Reaktion nicht überrascht. Sie bereiten derzeit die Begründung für die gestrige Entscheidung vor, die Frage an das Oberste Gericht zu richten.
Einer der drei Richter, der in dieser Rechtssache entscheidet, Grzegorz Misina, ist selbst ein Richter, der vom neuen KRS befürwortet wurde. Nach Meinung des stellvertretenden Sprechers für Disziplinarfragen hat der Richter ein Disziplinardelikt begangen, indem er nicht um Ausschluss von der Teilnahme an diesem Fall gebeten hat. Der Richter Misina kündigte seinerseits an, eine abweichende Stellungnahme zu der Entscheidung abzugeben, die gestern über die Zusammensetzung des Verwaltungsgerichts, deren Mitglied er ist, erlassen wurde.

Zsfg.: MB

 

 

oko.press

Bekämpfung des Klimawandels: Polen am schlechtesten in der EU


In Bezug auf die Wirksamkeit von Klimaschutzmaßnahmen steht Polen in der Europäischen Union an letzter Stelle. Dies ist die dramatische Schlussfolgerung aus dem diesjährigen Bericht des Climate Change Performance Index (CCPI), der von drei proklimatischen NGOs erstellt wurde: Climate Action Network International, Germanwatch und dem New Climate Institute

In dem Bericht wurden die Aktivitäten von 57 Ländern und der Europäischen Union insgesamt im Hinblick auf vier wichtige Aspekte von Maßnahmen zur Eindämmung der Klimakrise analysiert: Reduzierung der Treibhausgasemissionen, Entwicklung erneuerbaren Energien, Energieverbrauch und Klimapolitik.

Polen lag unter den EU-Mitgliedstaaten an letzter Stelle und an 50. Stelle in der gesamten Rangliste, gefolgt nur von den größten Umweltverschmutzern wie Russland, Saudi-Arabien und den Vereinigten Staaten. Die USA belegten den letzten Platz in der Rangliste.

„Mit einem sehr niedrigen Gesamt-Rating belegt Polen den 50. Platz und ist damit das EU-Land mit der schlechtesten Leistung im diesjährigen CCPI. In Bezug auf Treibhausgasemissionen und erneuerbare Energien schneidet Polen nur schlecht ab und wird im Durchschnitt in der Kategorie Energieverbrauch eingestuft. In der Kategorie Klimapolitik wird das Land als sehr niedrig eingestuft“, heißt es in dem Bericht.

Polen ist führend in der Zunahme der Emissionen
Polen erhält Kritik aufgrund des zu langsamen Verzichts auf die Energieträger Braunkohle und Steinkohle. Die Autoren des Berichts stellen außerdem fest, dass die polnische Energiepolitik bis 2040 keinen Hinweis auf die Reduzierung der Emissionen enthält. Das ist etwas geschummelt, da der derzeit verfügbare Planungsentwurf ausdrücklich die Notwendigkeit der Emissionsreduzierung erwähnt, obwohl er keine genauen Angaben zur Reduktionsrate enthält.

Der CCPI-Bericht kritisiert auch Polens Widerstand gegen die Annahme des EU-Klimaneutralitätsziels bis 2050 im Juni.

Ob die PiS-Regierung dieses ehrgeizige Vorhaben endgültig ablehnen wird, wird sich während des EU-Klimagipfels vom 12. bis 13. Dezember 2019 herausstellen. Einer der Hauptpunkte des Gipfels ist gerade das Thema Klimaneutralität, und die großen Unbekannten sind die finanziellen Forderungen Polens nach Zustimmung zur Umsetzung, die – nicht ohne Grund – durch die hohen Kosten für die Dekarbonisierung der polnischen Wirtschaft gerechtfertigt sind.

„Polens schlechtes Ergebnis ist auf eine Kombination aus hohen Emissionen aus unserer Wirtschaft, einem geringen Anteil erneuerbarer Energien und nachteiligen Trends in diesen Bereichen sowie auf Schwächen in der Klima- und Energiepolitik zurückzuführen, sowohl im Hinblick auf die Umsetzung in den Vorjahren als auch auf die derzeit von der Regierung festgelegten Ziele für 2030“, sagt Aleksander Śniegocki, Leiter des Programms „Klima und Energie“, der Denkfabrik WISE Europa, einer der polnischen Experten, die an dem Bericht arbeiten.

„Analysen der Europäischen Umweltagentur zeigen, dass Polen voraussichtlich keines der Klima- und Energieziele der EU für 2020 erreichen wird“, fügt Śniegocki hinzu.

Es gibt auch positive Dinge. „Die zunehmende Sensibilisierung der Öffentlichkeit, die sinkenden Kosten kohlenstoffarmer Technologien und der zunehmende regulatorische Druck im Rahmen der Klima- und Energiepolitik der EU führen dazu, dass die Regierung ihre derzeitige Politik nicht mehr aufrechterhalten kann“, heißt es in dem Bericht.

Zsfg.: JP

https://oko.press/przeciwdzialanie-zmianom-klimatycznym-polska-najgorsza-w-ue-raport/

 ZITAT DER WOCHE

„Die Welt stirbt und wir bemerken es nicht einmal. Wir bemerken nicht, dass die Welt zu einer Ansammlung von Dingen und Ereignissen wird, einem toten Raum, in dem wir uns einsam und verloren bewegen, hin und her gerüttelt durch Entscheidungen von jemandem, versklavt durch ein unverständliches Fatum, durch das Empfinden eine Spielerei großer Kräfte der Geschichte oder des Zufalls zu sein.“

 

Olga Tokarczuk, in der Nobelpreisrede „Ein sensibler Erzähler“.

 


PETITION IN SOLIDARITÄT mit KATARZYNA

Aktion: #MuremZaKasia

 

 

Richter in Roben, nicht in Soutanen

Katarzynas Fall ist der erste in der Geschichte der polnischen Justiz, in dem das Opfer eine Klage erhob und in beiden Instanzen gegen die Kirchenbehörden gewann. Das Urteil verpflichtete die Gesellschaft Christi, eine Million Zloty Entschädigung und eine lebenslange Rente an das Opfer zu zahlen. Die Kirche in Polen lehnt die Übernahme der Verantwortung für Priester und Mönche ab, weshalb der Orden in letzter Instanz – beim Obersten Gerichtshof – eine Kassationsklage einreichte. Allerdings löst derzeit die Zusammensetzung der Richter im Obersten Gerichtshof große Kontroversen aus. Richter, die der Kirche nahestehen, sollen über die Kassationsklage entscheiden. Wir müssen die polnischen Opfer der kirchlichen Pädophilie unterstützen. Die Aufhebung des Urteils wäre nicht nur ein weiterer Akt brutaler Gewalt gegen Katarzyna, sondern auch ein gefährlicher Präzedenzfall, der es der katholischen Kirche ermöglichen würde, die pädophilen Verbrechen weiterhin unter den Teppich zu kehren.

Quelle: https://dziewuchyberlin.wordpress.com/2019/11/08/in-solidarity-with-katarzyna-petition/?fbclid=IwAR1dMZ0oyXozMGz0npvXVX8QNrEFrhMlg282GgLOpP3xVeQR-sJlQwkOLEw

MEDIENSPIEGEL – IN DER DEUTSCHSPRACHIGEN PRESSE ÜBER POLEN

orf.at

Tokarczuks Plädoyer für die Sensibilität
https://orf.at/stories/3146807/


nzz.ch

Polen muss sich entscheiden – zwischen Gesichtsverlust und dem nationalen Sonderweg ins Chaos
https://www.nzz.ch/meinung/polen-muss-sich-entscheiden-zwischen-gesichtsverlust-und-dem-nationalen-sonderweg-ins-chaos-ld.1526823?fbclid=IwAR394YixuB2IIIHrevbkVB-ilesW2sYTZ7oO054YMSfDwWLEZ-akh0WsZns


sueddeutsche.de

Demontage aufgehalten
https://www.sueddeutsche.de/politik/polen-demontage-aufgehalten-1.4711432?fbclid=IwAR3vvD8W9QHe3QeTURef6-HnVS0WfigUmObG4N9sZa-5b_weXLj0FV5AiAA


zeit.de

Polens grüne Wendemanöver
https://www.zeit.de/wirtschaft/2019-12/pis-green-deal-eu-polen-klimaschutz?fbclid=IwAR1b5GmNrxdd_cOUNoWRu1MTLrYu7ShwdrEA8Cy2xNDNaHRbuAC7GpzcLhU


taz.de

Die Wahrheit steckt in der Bewegung
https://taz.de/Nobelpreistraegerin-Olga-Tokarczuk/!5647913/

DEKODER auf Deutsch
https://dekoder.com.pl/deutsch-artikel/

DIALOG FORUM – Perspektiven aus der Mitte Europas
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POLEN und wir – älteste Zeitschrift für deutsch-polnische Verständigung
http://www.polen-und-wir.de/
REDAKTION:
Małgorzata Burek | Jerzy Paetzold
Christel Storch-Paetzold | Andreas Visser | Krzysztof Wójcik
Layout: Małgorzata Nierhaus