Polen-Newsletter 47/2017
vom 23.11.2017
Mitte 21 – Verein zur Förderung der Völkerverständigung und der Demokratie e.V.
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wyborcza.pl / liberal
Opposition über Änderungen in der Wahlordnung: Das ist das Ende der freien Wahlen
PiS ebnet den Weg für die Übernahme der Regionalverwaltungen, insbesondere in den Woiwodschaften. „Es ist das Ende der polnischen Selbstverwaltung“, warnt der Vorsitzende der PSL, Władysław Kosiniak-Kamysz, der den Entwurf des neuen Wahlgesetzes gründlich analysiert hat.
Änderungen im Wahlgesetz führt PiS übrigens „nebenbei“ ein. Die Bestimmungen zu diesem Thema finden sich am Ende des 96-seitigen Projekts, das einen sehr verlockenden Namen trägt: „Steigerung der Beteiligung der Bürger an den Wahlen, an dem Funktionieren und der Kontrolle öffentlicher Einrichtungen“. Alles sieht aus wie eine Torte mit Zuckerguss, aber in der Mitte ist ein Klitsch von einem Wahlgesetz, das vielleicht das Ende der freien Wahlen bedeuten könnte”, schlussfolgert Władysław Kosiniak-Kamysz.
Für PiS ist es sehr wichtig, dass sie die Selbstverwaltungen der Woiwodschaften übernimmt, denn sie verteilen die Mittel der EU. Der Gesetzentwurf sieht die Schaffung kleiner Wahlkreise (3 bis 7 Sitze) vor. Bei den Landtagswahlen werden 3-Mandatswahlkreise bevorzugt, was bedeutet, dass nur Parteien mit sehr hoher Unterstützung Ratsmitglieder einführen werden. Das bedeutet, dass nur noch drei Parteien im Spiel bleiben. In jeder Woiwodschaft wird es die PiS sein, und als zweite Partei wird es die PO oder die PSL abwechselnd sein.
Kosiniak-Kamysz: „Bisher hat noch keine Regierung auf so räuberische Weise den Anteil der Politik in der Kommunalverwaltung erhöht.“
Sobald das Gesetz in Kraft tritt, wird ein neuer Leiter des Nationalen Wahlamts ernannt. Es kann vom Präsidenten, vom Sejm oder vom Senat vorgeschlagen werden. Alles deutet darauf hin, dass es ein Vertreter von PiS sein wird. Er wird Wahlbeamte in den Gemeinden ernennen.
Das Projekt geht davon aus, dass es bei den Wahlen zwei Ausschüsse geben wird: Einer wird Stimmen sammeln und der andere zählt sie. Der derzeitige Präsident von Krakau, Jacek Majchrowski, hat diese Idee bereits kritisiert: „Zwei Wahlkommissionen bilden, in denen eine Stimmen sammelt und die andere zählt….. Bei mir geht das rote Licht an. Es war wahrscheinlich Stalin, der gesagt hat: Es ist nicht wichtig, wie die Menschen abstimmen, wichtig ist, wer die Stimmen zählt.“ Er gibt zu verstehen, dass er nicht beabsichtigt, an solchen Wahlen teilzunehmen.
onet.pl / liberal
Das EU-Parlament zweifelt an der Rechtsstaatlichkeit Polens
Mit einem kritischen Beschluss rief das EU-Parlament die polnische Regierung auf zur Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte, die in den EU-Verträgen verankert sind. Es wurde auch das Verfahren zur Anwendung des Art. 7 des EU-Vertrags gegen Polen eingeleitet. Zuvor wurde im Parlament eine Debatte zur Rechtsstaatlichkeit Polens durchgeführt. Mit dem Beschluss wurde offiziell das Verfahren zur Prüfung der Rechtsstaatlichkeit eingeleitet. Im Beschluss wurde betont, dass in Polen die EU-Grundsätze bedroht sind. Insbesondere waren die Abgeordneten über die geplanten Änderungen im Gerichtswesen sowie über die Situation im Verfassungsgericht besorgt.
http://wiadomosci.onet.pl/swiat/parlament-europejski-przyjal-krytyczna-rezolucje-ws-polski/py8kr9r
wyborcza.pl / liberal
Während der Pfarrer von der Kanzel Nationalisten grüßte, breitete eine Frau ein Banner aus mit einem Zitat von Johannes Paul II.
Am Samstag [11.11.17, der polnische Unabhängigkeitstag; Anm. d. Ü.] besuchte Frau Gabrysia Lazarek eine Messe in der St. Barbara Kirche in Warschau. „Ich war in der Messe, während der Pfarrer von der Kanzel nationalistische Organisationen grüßte. Herzlich grüßte er ONR [eine neofaschistische Organisation; Anm. d. Ü.] und die Allpolnische Jugend [eine rechtsradikale, militante Jugendorganisation; Anm. d. Ü.]. … Der Pfarrer sprach über die Macht der Nationalkirche. Er erwähnte auch, dass man die Lehren von Johannes Paul II. nicht vergessen darf…“
In diesem Moment breitete Frau Lazarek ein Banner aus, auf dem ein Satz von Johannes Paul II. stand: „Rassismus ist eine Sünde, die Gott beleidigt“.
Sie berichtet im Facebook, dass Gottesdienstbesucher versuchten, ihr das Banner zu entreißen. Später zerrten sie an ihren Kleidern und schleppten sie über den Boden mit den Ausrufen: „Raus!“. Am Ende stießen sie sie die Treppe hinunter und knallten sie laut die Kirchentür zu.
Zfsg.: JP
rmf.24.pl / liberal
EU-Parlament will die Regierung und nicht die Bürger Polens bestrafen. Es gibt einen Plan über Sanktionen
„Die fünf wichtigsten Fraktionen des EU-Parlaments sind für die Anwendung des Art. 7 gegen Polen, da alle anderen Mitteln versagten”, sagte Guy Verhofstadt.
Das Verfahren wird sehr langwierig sein. Es gibt aber andere Methoden, um die Regierung und nicht die Bevölkerung zu bestrafen. Die EU‑Staaten können den Haushalt so gestalten, dass die Mittel direkt an Gemeinden und Bürgern, statt an die zentrale Regierung weitergeleitet werden. Dafür ist keine Einstimmigkeit erforderlich, es kann mit einer einfachen Mehrheit erreicht werden.
Verhofstadt gab auch zu, dass die Anwendung des Art. 7 bereits gegen Ungarn eingeleitet wurde.
Zfsg.: MB
tokfm.pl / liberal
„Man prüfte, ob wir keine Rasierklingen in der Scheide haben“, so durchsuchte die Polizei die Teilnehmer des Protestes
Eine Gruppe der Verteidiger des Urwaldes von Białowieża reichte eine Beschwerde ein gegen die Festnahme durch die Polizei und unangebrachte Behandlung. Sie gaben erschütternde Details bekannt. Die Polizei versicherte, dass die Beamten die Würde der Festgenommenen nicht verletzt hatten.
Am 9. November kettete sich eine Gruppe der Verteidiger des Urwaldes vor dem Eingang zur Direktion der Waldverwaltung an. Sie verlangten, dass man mit dem Holzfällen aufhört. Sie wurden von der Polizei festgenommen und auf die Polizeiwache gebracht. Dort wurden sie einzeln durchsucht und vernommen. Mehrere Personen berichteten, dass sie sich nackt ausziehen mussten. Sie sollten sich bücken, damit die Beamtinnen prüfen konnten, ob sie keine Gegenstände z. B. Rasierklingen im Körper haben. Es war entwürdigend.
Zfsg.: JP
natemat.pl / liberal
Kurioses Projekt der Präsidentin des Obersten Gerichtshofes Prof. Gersdorf will die katholische Kirche an der Rechtsprechung beteiligen
Die Präsidentin des Obersten Gerichtshofes legte ein eigenes Projekt zur Änderung des Gesetzes über den OGH vor. Besonders umstritten ist die Möglichkeit der Berufung der katholischen Priester als Schöffen beim OGH.
Laut dem Entwurf von Prof. Gersdorf können die Schöffen „aus Kandidaten gewählt werden, die hervorragende Rechtskenntnisse haben, und vorgeschlagen wurden von Organisationen mit mindestens 10.000 Personen darunter Vereinigungen, Arbeitgeberverbände, Arbeitnehmervertretungen, Gruppen von Bürger sowie katholische Kirche und andere Kirchen und Glaubensgemeinschaften, die die Hüter der traditionellen christlichen Werte sind.”
Zfsg.: MB
Medienspiegel – in der deutschsprachigen Presse über Polen
FAZ.de EU-Parlament zweifelt erheblich an Polens Rechtsstaatlichkeit FAZ.de Was Polen zu verlieren hat ZeitOnline.de Lehrstück über die Machtverhältnisse in der EU DieWelt.de Warum die Rassisten in Polen munter aufmarschieren Tagesspiegel.de Faschistische Parolen in Warschaus Straßen |
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