Pressespiegel 201828 vom 12.07.2018

 

 

Polen-Newsletter 28/2018

vom 12.07.2018

Mitte 21 – Verein zur Förderung der Völkerverständigung und der Demokratie e.V.

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newsweek.pl

Europaabgeordnete ließen kein gutes Haar auf Morawiecki

Im Europäischen Parlament waren am Dienstag Polen und ihr Regierungschef so einsam wie damals, als das Kabinett von Szydło versuchte, die Wiederwahl von Donald Tusk zum Vorsitzenden des Europäischen Rates zu verhindern.
Die ablehnende Haltung der europäischen Politiker überrascht nicht. Morawiecki beantwortete zwei Schlüsselfragen nicht: die Rechtsstaatlichkeit in Polen und die Vorstellungen Polens über die Zukunft der Europäischen Gemeinschaft. Er wiederholte gut klingende, wenn auch insgesamt unbedeutende Floskeln („Union 4.0“, „demokratisches Erwachen der Nationen“), zitierte Johannes Paul II. und Piketty und ermutigte Europa, sich vom „polnischen Sozial- und Wirtschaftsmodell“ inspirieren zu lassen.
Europa ließ sich durch sein Reden nicht täuschen. Nacheinander auftretende Abgeordnete aus verschiedenen Ländern und politischen Fraktionen forderten konkrete Antworten auf Fragen, die für Morawiecki unangenehm waren. Was ist mit den polnischen Gerichten, vor allem mit dem Obersten Gerichtshof? Was ist mit der Medienfreiheit in Polen? Was ist mit den Rechten der Frauen?
Morawiecki beantwortete jede dieser Fragen in der Art der TVP-Infostreifen [berüchtigt wegen dem kreativen Umgang mit der Wahrheit; Anm. d. Ü.]. Der Opposition gehe es ausgezeichnet und sie hatte in Polen nie eine so gute Zeit wie unter PiS. Die Medien waren noch nie so pluralistisch wie heute. Die Rechte der Frauen werden „sehr respektiert“, was dadurch bewiesen ist, dass Polen bereits 1918 als eines der ersten Länder seinen Bürgerinnen das Wahlrecht eingeräumt hat.
Gäste aus Polen, darunter auch Frauen-Aktivistinnen, die als Zuschauer im EP in Straßburg anwesend waren, reagierten mit Gelächter auf jede dieser Erklärungen.
Morawiecki sagte auch nichts Überzeugendes über die Zukunft der EU. Er deklinierte die Wörter Souveränität und Vielfalt, er betonte die Rolle der nationalen Parlamente und die Bedeutung der Kohäsionsfonds. Aus diesen Slogans könnte die Vorstellung des Regierungschefs über Europa wie folgt zusammengefasst werden: Wir wollen mehr Geld von Ihnen, und Sie sollen uns in Ruhe lassen. Wir werden bei uns tun, was wir wollen, weil wir ein demokratisches Mandat dazu haben.
Die EU muss die Frage beantworten, wie der Kontinent in einer Zeit der tiefen Krise der transatlantischen Beziehungen, der zunehmenden Aggressivität Russlands und der humanitären Krisen an den südlichen Grenzen Europas seine Sicherheit gewährleisten kann. Morawiecki hatte dazu nichts zu sagen. Er forderte, dass Europa  bleiben soll „wie es war“. Polen bekommt Geld und weigert sich hartnäckig, sich tiefer zu integrieren. Dies ist kein Programm für 2018.
Die Blamage von Morawiecki in Straßburg wird wahrscheinlich in den ihn missgünstigen Kreisen der Partei Recht und Gerechtigkeit die Frage aufwerfen, ob der Austausch der beliebten Beata Szydło gegen einen in der Partei unbeliebten Bankier tatsächlich eine gute Entscheidung war. Schließlich wurde Szydło auf dem Altar Europas geopfert. Es war Morawiecki, der eine Antwort auf die Krise in den Beziehungen zu Brüssel und den wichtigsten europäischen Partnern sein sollte.
Nach mehr als einem halben Jahr im Amt des neuen Premierministers sollte diese Mission als eher erfolglos betrachtet werden. Es war symbolisch, dass die Regierung von Morawiecki nicht nur von Vertretern der Linken und Liberalen angegriffen wurde, sondern auch von Manfred Weber, einem bayerischen konservativen CSU-Politiker, der oft beschuldigt wurde, gegenüber Viktor Orbán zu nachsichtig zu sein. Weber ist auch Vorsitzender des Clubs der europäischen Christdemokraten im Europäischen Parlament. Die Partei Recht und Gerechtigkeit hat angekündigt, dass sie dieser Fraktion beitreten möchte. Heute können wir sehen, wie schwierig, wenn überhaupt möglich, dies sein wird.
Je weniger Morawiecki für seine europäischen Partner überzeugend war, desto mehr hätte er es für die harte PiS-Wählerschaft sein können. Man könnte den Eindruck gehabt haben, je schärfer seine Polemik mit seinen europäischen Partnern, desto mehr wollte er die Pis-Stammwähler ansprechen. Er sprach über den Fall Polens und die Herrschaft der Mafia in der Zeit der PO und über Polen, das 1939 die „deutsche Barbarei“ erfolgreich bekämpfte und Europa vor dem Völkermord bewahrte. Aber sogar die europäischen Politiker, die mit der Geschichte unserer Region am wenigsten vertraut sind, wissen vielleicht, dass Polen 1939 den Krieg verloren hat.

Zsfg.: JP


http://m.newsweek.pl/opinie/przemowienie-mateusza-morawieckiego-w-parlamencie-europejskim-komentarz,artykuly,429693,1.html?src=HP_Section_2#utm_source=insider&utm_medium=web_push&utm_campaign=kleska_morawiecka&webPushId=NDE4OA==
3.oko.press.pl


gazeta.pl

Es waren zu wenige PiS-Abgeordnete anwesend, so dass die Abstimmung so lange wiederholt wurde, bis sie stimmte. „So werden die Wahlen aussehen“

Der Vorsitzende des Legislativausschusses hat den Wahlvorgang dreimal angekündigt, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. „So werden die Wahl und die Stimmenauszählung durch die Partei Recht und Gerechtigkeit aussehen“, beurteilt die Opposition.

Der Legislativausschuss befasste sich heute mit den Änderungsanträgen zu einem Entschließungsentwurf. Als über die eingereichten Änderungsanträge abgestimmt wurde, gab es nur wenige Mitglieder von Recht und Gerechtigkeit im Plenarsaal, und die Verteilung der Stimmen war für die Regierungspartei ungünstig. Der Vorsitzende des Ausschusses, Marek Ast, begann dann die Sitzung „kreativ“ zu leiten.
„Wer ist dafür? Wer ist dagegen?“, fragte Ast, und nach einer Weile sagte er: „Ich kündige eine fünfminütige Pause an“. Krzysztof Brejza protestierte. Das PO Mitglied argumentierte, der Ausschuss befinde sich im Abstimmungsprozess und der solle vervollständigt werden. „Herr Präsident, schließlich darf die Abstimmung nicht unterbrochen werden. Um Gottes willen!“, appellierte er.
„In diesem Fall bitte sehr. Wer ist für die vorgeschlagenen Änderungen? In diesem Fall, nein, meine Damen und Herren“, war Ast verwirrt. „Sie sollten jetzt fragen, wer dagegen ist“, sagte Brejza. Aber Ast kündigte wieder eine fünfminütige Pause an.„Marek Ast unterbricht die Abstimmung, weil seine Partei die Abstimmung im Legislativausschuss verliert. Es ist erst der dritte Versuch, der ihnen den Sieg bringt, und die Kommission kommt wieder an die Arbeit.“ So wurde die ganze Veranstaltung von Witold Zembaczyński aus der Partei Nowoczesna zusammengefasst.
Marek Rząsa von der PO teilte mit, dass Ast auf die Frage nach der Rechtsgrundlage für eine solche Abstimmung antwortete, er sei „der Vorsitzende des Ausschusses“.
Es ist nicht das erste Mal, dass Marek Ast auf diese Weise eine Sitzung der Kommission abhielt. Eine ähnliche Situation trat Ende 2015 ein, als Entwürfe zur Änderung des Verfassungsgerichtsgesetzes diskutiert wurden. Als sich einige Abgeordnete des Parlaments für Recht und Gerechtigkeit außerhalb des Plenarsaals aufhielten, beantragte die Abgeordnete Kamila Gasiuk-Pihowicz von der Partei Nowoczesna, die Sitzung der Kommission zu unterbrechen, um das erforderliche juristische Fachwissen zu erhalten. Ast, wahrscheinlich ohne Kenntnis der begrenzten Zahl der PiS-Mitgliedern im Plenarsaal und damit der Unmöglichkeit, den Antrag zu blockieren, stimmte der Abstimmung zu. Nachdem er überrascht war, eine positive Entscheidung über den Antrag zu erhalten, ordnete er die Wiederaufnahme der Abstimmung an, was trotz des Widerspruchs der Opposition geschehen war.

Zsfg.: JP


http://wiadomosci.gazeta.pl/wiadomosci/7,114884,23631361,na-sali-zabraklo-poslow-pis-wiec-glosowanie-powtarzano-do-skutku.html#MT2


oko.press.pl

Baywatch. ONR „patrouilliert“ zusammen mit italienischen Faschisten an den Stränden von Rimini

„Wir müssen gegen den islamischen Einfall kämpfen”, deklarierten muskelbepackte Aktivisten der ONR auf einer gemeinsamen Konferenz mit den italienischen „Forza Nuova“-Faschisten. Dann gingen sie gemeinsam zum Strand, um diesen zu patrouillieren. Das ganze fand in der Stadt Rimini statt, wo im letzten Jahr eine Polin von einer Migranten-Gruppe vergewaltigt wurde.
ONR (National-Radikales Lager) ist eine polnische neofaschistische Organisation, die an den ONR der Zwischenkriegsjahre angelehnt ist, welche sich als Vorbild den italienischen Faschismus und Hitlers Nationalsozialismus nahm.
In der „Deklaration“ des heutigen ONR kann man u.a. lesen:
„Wir verwerfen jede Form des Totalitarismus, auch die liberale Demokratie, als politische Regime, die schädlich für die nationale Gemeinschaft sind.“ Und: „Wir fordern das Fortbestehen des Zustands der ethnischen Homogenität, die dem Sozialfrieden und der Stabilität des Staates dient.“

Zsfg.: ŁS


https://oko.press/sloneczny-patrol-onr-z-wloskimi-neofaszystami-patroluja-plaze-w-rimini/


newsweek.pl

Wehrlose Armee. Die polnischen Streitkräfte liegen in Trümmern…

Es gibt keine Helikopter für das Militär, die Marine existiert praktisch nicht und der Waffenkonzern, wo PiS seine Leute gerne beschäftigte, ist am Rand der Pleite. Die polnische Marine verfügt zum Beispiel über 2 Schiffe über 50 Tonnen, aber sie sind nur für Schulungszwecke und nicht für den Einsatz geeignet. Polen hat eine Sammlung der ältesten Kriegsschiffe Europas und nach neuen wird nicht gesucht. Keine Ausschreibung ist geplant.
Nach der Aussage des ehemaligen Leiters des Zentrums für Kriegsmarine-Operationen, des Konteradmirals a. D. Adam Mazurek, ist lediglich 10% der polnischen Flotte einsatzbereit, der Rest muss verschrottet werden.
„Die polnische Waffenindustrie wird durch die Feinde des polnischen Staates verwaltet“, meint General Waldemar Skrzypczak, der während der PO Regierungszeit für Wareneinkäufe zuständig war. „Schreiben Sie bitte darüber! So sieht der Einfluss der russischen Agenten aus! Die polnische Armee ist nicht einsatzfähig. Die Ausstattung? Welche Ausstattung? Der Waffenkonzern PGZ ist verschuldet. Alles, was sie machen, ist ein Witz! Die Munitionseinkäufe kann man auch vergessen.“

Zsfg.: MB

http://www.newsweek.pl/polska/polityka/stan-polskiej-armii-bezbronne-wojsko-polskie,artykuly,429583,1.html



onet.pl

Die EU Kommission bestätigte, dass das Verstoßverfahren gegen Polen eingeleitet wurde. Es geht um das Gesetz über den Obersten Gerichtshof

Das Verfahren besteht aus 3 Schritten:

  • die Kommission wendet sich an die Regierung und bittet um die Heilung des Verstoßes
  • der betroffene Mitgliedstaat bekommt eine Frist für die Heilung
  • der letzte Schritt ist eine mögliche Klage vor dem EuGH

Frans Timmermans kündigte schon vorher an, dass schnelle Maßnahmen zwingend erforderlich sind, da bereits am 03.07.18 ein Teil der Richter des polnischen Obersten Gerichtshofes in die Zwangspensionierung gehen soll. Er sagte es während der Sitzung des Rechtsausschusses des EU-Parlaments, wo über die Rechtsstaatlichkeit in Polen diskutiert wurde. „Es gibt keinen Anlass für die EU Kommission ihre Meinung zu ändern. Immer noch bleibt die Bedrohung der polnischen Rechtsstaatlichkeit bestehen“, sagte er.
Obwohl die Kommission schon vor einem Jahr das umstrittene Gesetz kritisierte, zögerte sie lange, bevor sie diese Entscheidung traf. Aus dem gleichen Grund wurde das Verfahren nach Art. 7 des EU-Vertrags gegen Polen eingeleitet. Angeblich wurde die Verzögerung durch eine Unstimmigkeit in der Kommission verursacht, da manche Mitglieder der Kommission und Juristen nicht überzeugt waren von den Aussichtschancen einer Klage vor dem EUGH. Sie argumentierten, dass das EU-Recht nichts über den Obersten Gerichtshof besagt. Frans Timmermans hingegen meinte, dass eine Abhängigkeit des Obersten Gerichts von der Politik die ganze europäische Gerichtsbarkeit beeinflussen wird.

Zsfg.: MB

https://wiadomosci.onet.pl/swiat/ke-potwierdzila-ze-uruchomila-procedure-naruszeniowa-wobec-polski-w-sprawie-sadu/fqlxqpl


natemat.pl

In der PiS hat es keiner erwartet. Jagger antwortete auf den Brief von Wałęsa auf Polnisch

„Polen ist ein schönes Land. Ich bin zu alt, um Richter zu sein. Aber ich bin immer noch jung genug, um zu singen!”, sagte auf Polnisch der fast 75-jährige Mick Jagger während des Konzerts der Rolling Stones in Warschau. Nach seinen Worten gab es lauten Beifall des Publikums.
Die Worte wurden als Antwort Jaggers auf den kürzlich von Lech Wałęsa an ihn gerichteten Brief verstanden, in dem der Ex-Präsident u.a. schrieb: „Die Menschen können ihren Auftritt kaum erwarten, doch in Polen geschehen heutzutage auch sehr schlimme Dinge. Viele Menschen verteidigen heute in Polen die Freiheit und brauchen Eure Unterstützung. Wenn Ihr irgendetwas sagen oder tun könnt, während Ihr in Polen seid, wird es für sie viel bedeuten.“
Jagger erinnerte auch an das erste Stones-Konzert 1967 in Warschau: „Wir waren hier auf einem Konzert 1967. Ich hoffe, dass Ihr seitdem etwas gelernt habt.“
Vorher haben PiS-Politiker über Wałęsas Brief gespottet, u.a. der PiS-Vizevorsitzende Brudziński, der Wałęsa vorschlug, auch noch an Julio Iglesias und Kim Kardashian zu schreiben.

Zsfg.: ŁS


http://natemat.pl/243175,the-rolling-stones-warszawa-mick-jagger-odpowiada-na-list-lecha-walesy


Zitat der Woche

 

„[…] Die Medien in Polen stehen der Regierung mehrheitlich kritisch gegenüber. Wir verstehen das,  aber die Situation ist sehr einseitig. Ist der Zugang zu Medien für Opposition eingeschränkt? Sind die Journalisten bei Auswahl der Themen eingeschränkt? Nichts dergleichen passiert. Und bevor wir an die Macht kamen, hatten wir es mit einer Invasion der Geheimdienste auf die Zeitungen zu tun. Wussten Sie das? Hat das EU-Parlament etwas dagegen unternommen? Mir scheint, dass das EU-Parlament sehr parteiisch ist. Mir scheint es, dass die eine Regierung gerne gesehen wird, die andere nicht”

Mateusz Morawiecki, Ministerpräsident der Republik Polen, am 04.07.2018 im Europäischen Parlament in Straßburg während der Debatte über die Zukunft der Europäischen Union.

 

DEKODER auf Deutsch
http://dekoder.com.pl/deutsch-artikel/


DIALOG FORUM – Perspektiven aus der Mitte Europas 
https://forumdialog.eu/

 

Medienspiegel – in der deutschsprachigen Presse über Polen

 

DW.de

Polen will ein anderes Europa
https://www.dw.com/de/polen-will-ein-anderes-europa/a-44525873


Tagesschau.de

Gekommen, um zu bleiben
https://www.tagesschau.de/ausland/polen-richter-103.html


DerSpiegel.de

Wie in der Sowjetunion
http://www.spiegel.de/politik/ausland/rechtsstaat-in-polen-eu-kommission-eroeffnet-neues-verfahren-a-1216258.html


DieWelt.de

Die Richterin, die es mit Kaczynski aufnimmt
https://www.welt.de/politik/ausland/article178751930/Malgorzata-Gersdorf-Die-Richterin-die-es-mit-Kaczynski-aufnimmt.html

Redaktion :

Małgorzata Burek
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Christel Storch-Paetzold
Łukasz Szopa
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