Pressespiegel 201834 vom 23.08.2018

 

 

Polen-Newsletter 34/2018

vom 23.08.2018

Mitte 21 – Verein zur Förderung der Völkerverständigung und der Demokratie e.V.

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RMF FM

Der Chef des Inlandsgeheimdienstes ABW entschied über die Abschiebung von Lyudmila Kozlovska aus der EU

Wie der Sprecher des polnischen Innenministeriums Stanisław Żaryn bestätigte, war es der Chef des polnischen Inlandsgeheimdienstes Piotr Pogonowski, der sich gegen eine langfristige Aufenthaltsgenehmigung der Menschenrechtsaktivistin Lyudmila Kozlovska entschied. Womit ihr automatisch das Einreiserecht nicht nur nach Polen, sondern für den gesamten Schengen-Bereich mit sofortiger Wirkung entzogen wurde.
Kozlovska ist ukrainische Staatsbürgerin. Sie war an den Euromajdan-Protesten in Kiew 2013 aktiv beteilig und lebte und arbeitete inzwischen mit ihrem polnischen Ehemann und Aktivist Bartosz Kramek in Polen, wo beide die prodemokratische Stiftung Open Dialog Foundation leiten.
Kozlovska wurde am 15.08. am Brüsseler Flughafen festgenommen und in die Ukraine abgeschoben. Grund war der Eintrag der polnischen Seite in das SIS – Schengen Informations System. Nachdem Kozlovska zuerst die Einreise nach Belgien verweigert wurde, haben die belgischen Behörden nochmals das polnische Innenministerium angefragt, ob sie deren Haltung zu Kozlovska weiter beibehält, worauf diese die Entscheidung bestätigte.
Der Pressesprecher des Innenministeriums gab als Grund „erhebliche Zweifel“ in Bezug auf die Finanzierung der von Kozlovska geleiteten Stiftung an, „die weitere rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könnten“.
Wie Kozlovska selbst auf Twitter kommentierte, sieht es nach einer Rache der polnischen Regierung an ihrem Ehemann aus für seines Engagement für die Erhaltung der unabhängigen Gerichtsbarkeit in Polen.
Ein weiterer möglicher Grund sei die Reaktion der polnischen Regierung auf Krameks Boykott-Aufruf „Möge der Staat stehen bleiben – Lasst uns die Regierung ausschalten“ vom Sommer 2017, der eine Liste von 16 konkreten Vorschlägen des zivilen aber friedlichen Ungehorsams beinhaltet, jedoch von der Regierung als Aufruf zum „polnischen Maidan“ und „Regierungsumsturz“ gedeutet wurde.
Lyudmila Kozlovska befindet sich derzeit in Kiew, während polnische Demokratieaktivisten eine Reihe von Solidaritätskundgebungen in mehreren Städten für den Donnerstag 23.08.2018 planen.

Zsfg.: ŁS


https://www.rmf24.pl/fakty/polska/news-to-szef-agencji-bezpieczenstwa-wewnetrznego-przesadzil-o-wyd,nId,2620812

Hier kann man eine Petition an die EU-Politiker und Regierungen unterschreiben:
https://www.change.org/p/politicians-and-governments-of-eu-member-states-bringherback-to-the-eu

oko.press.pl

Erzbischof Gądecki: Europa ist totalitär. Die Ideologie der Postmoderne behindert das Heil 

Am 13. August 2018 leitete Erzbischof Stanisław Gądecki die Jubiläumsmesse zum 350. Jahrestag des Heiligtums in Kalwaria. Es war ein großes Fest. Vier weitere Bischöfe, darunter einer aus Bolivien, und mehr als 100 Priester konzelebrierten die Messe.
Auch diesmal hat uns seine Predigt fasziniert. Hier ist eine Auswahl von Zitaten:

  • „Der Weg [zum Himmel] scheint jetzt schwieriger zu sein als zu Jesu Zeiten. Weil diese Welt fast vollständig von der sogenannten Ideologie der Postmoderne beherrscht wurde“.
  • Die postmoderne Ideologie „verändert die geistige Situation Europas erheblich. Unter ihrem Einfluss nehmen postmoderne Gesellschaften Attribute utopischer Gesellschaften an, d.h. sie beginnen an die Möglichkeit zu glauben, die Unsterblichkeit und Vollkommenheit auf Erden zu erreichen“.
  • „Die Stimme des Volkes ist nur zum Vorwand geworden, man beruft sich auf sie, wenn sie nützlich ist. Wenn die Menschen nicht so abstimmen, wie sie es sollten, befehlen wir ihnen, erneut abzustimmen. Europa ist zu einem Ort mit einer weichen Version des Totalitarismus geworden.“ Erzbischof Gądecki gab sogar ein Beispiel. Als in der Slowakei auf der 2-Euro-Münze die Figuren von Kyrill und Method abgebildet werden sollten, forderte die Europäische Kommission die Entfernung von Heiligenscheinen und Kreuzen.
  • Im europäischen Totalitarismus „soll es eine Hingabe des Menschen an die Macht seiner Impulse geben, die beginnen, über ihn zu herrschen und ihn in einen tierischen Zustand zu versetzen. Freiheit bedeutet von nun an unbegrenzten Konsum, der zur Religion werden soll.“
  • Der gesamte Prozess wird von dunklen Kräften angetrieben. „Die mächtige Minderheit, die diesen Prozess leitet, gibt vor, die große Mehrheit zu sein, indem sie die Waffe der Verhöhnung benutzt.“

Die Redaktion von oko.press überprüfte die Aussagen des Erzbischofs.
Auf der 2-Euro-Münze wurde doch der ursprüngliche Entwurf von Miroslav Hric, mit Kreuzen und Heiligenschein, geprägt. Und nicht die Europäische Kommission, sondern Griechenland und Frankreich lehnten diese religiösen Symbole ab.
In der Europäischen Union haben wir weder eine gegenwärtige Ideologie noch eine Revolution noch einen Terror durch die Geheimpolizei, kein einziges Element in der Definition eines totalitären Staatswerks gefunden.
Wenn der Erzbischof „Postmoderne“ sagt, meint er einfach eine Situation, in der es keine einzige religiöse oder philosophische Wahrheit gibt, die für alle verbindlich ist, das heißt, die Wahrheiten des katholischen Glaubens können nicht privilegiert behandelt werden. Darum geht es hier.

Zsfg.: JP

https://oko.press/abp-gadecki-europa-jest-totalitarna-a-ideologia-ponowoczesnosci-przeszkadza-w-zbawieniu/


tvn.24.pl

„Das Prinzip der Unabhängigkeit wird nicht eingehalten“. Das Europäische Netz der Räte für das Justizwesen will den polnischen Landesrat für Gerichtsbarkeit suspendieren

„Am 16 August 2018 teilte das Europäische Netz der Räte für das Justizwesen dem polnischen Landesrat für Gerichtsbarkeit mit, dass eine außerordentliche Generalversammlung des Netzes am 17.09.2018 in Bukarest einberufen wird. Anlass dafür soll die Besprechung der Position des polnischen Rates innerhalb von ENRJ sein. Das Netz schlägt vor, die Mitgliedschaft des polnischen Rates in der Organisation zu suspendieren, da der polnische Verband den Voraussetzungen wie: Unabhängigkeit von der Judikative und Exekutive sowie dem Prinzip der Unabhängigkeit des Justizwesens nicht entspricht”, teilte ENRJ in einer Erklärung mit. Die Vertreter des ENRJ waren am 21.06.18 in Warschau, aber der Besuch verlief erfolglos. Sie erhielten keine Antworten auf die gestellten Fragen.

Zsfg.: MB

https://www.tvn24.pl/europejska-siec-rad-sadownictwa-chce-zawiesic-polska-krs,861599,s.html


gazeta.pl

Präsident Andrzej Duda legte ein Veto ein gegen die Änderungsvorschläge zu den EU-Parlaments-Wahlen

Wie erwartet hat Staatspräsident Duda noch vor seinem Abflug nach Australien ein Veto gegen die Änderungen der Wahlordnung zu den Wahlen des EU-Parlaments eingelegt.
„Ich lehne die Unterschreibung dieses Gesetzes ab, das von dem Proporzgrundsatz bei Wahlen entfernt ist. Es ist keine gute Änderung in einem Rechts- und Demokratiesystem“, sagte Duda.
Sein Veto bedeutet, dass die von der PiS ausgearbeitete und beschlossene Gesetzesnovelle nun zurück ins Parlament (Sejm) geht, wo die Regierungspartei nun 3/5 der Stimmen brauchen wird, um das Veto des Präsidenten zu überstimmen.
Die Änderung würde u. a. bedeuten, dass effektiv nur Gruppierungen mit ca. 16,5% die Chance hätten auf einen Einzug ihrer Kandidaten in das EU-Parlament, und nur zwei Gruppierungen erfolgreich wären. Wie Duda weiter begründete, würde dies bedeuten, dass ein großer Teil der Polen in dem Parlament nicht repräsentiert wären und das Interesse an diesem Wahlgang noch weiter sinken würde.
Zuvor haben einige kleinere Parteien wie Kukiz15, PSL, Razem und Prawica RP wie auch der Chef der Staatlichen Wahlkommission an den Präsidenten appelliert, das Gesetz nicht zu unterschreiben.

Zsfg.: ŁS

http://wiadomosci.gazeta.pl/wiadomosci/7,114884,23790111,prezydent-andrzej-duda-zawetowal-zmiany-w-ordynacji-wyborczej.html


newsweek.pl

Die Opposition bereitet sich für die Wahlen vor

Ein Teil der Journalisten ist der Meinung, dass Polen einen eigenen Macron braucht, einen Hoffnungsträger. Es muss jemand jung, frisch und charismatisch sein, nur so ein Mensch kann gegen PiS gewinnen. So manche sehen an dieser Stelle Robert Biedroń, den Bürgermeister von Słupsk. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass ein polnischer Macron auftaucht.
Die einzige Möglichkeit, PiS zu bekämpfen, ist die Bildung einer großen Koalition der Opposition. Ein Anfang kann die Zusammenarbeit der zwei Parteien PO und Nowoczesna sein, die so genannte Bürgerliche Koalition, die aus Anlass der Wahlen zur Selbstverwaltung in diesem Jahr entstanden ist. Die Koalition stellt gemeinsame Kandidaten für Bürgermeister und für Mitglieder der städtischen Räte und Woiwodschaftsräte.

Zsfg.: MB

http://www.newsweek.pl/polska/polityka/zjednoczona-opozycja-wlasnie-sie-rodzi-macron-sie-nie-pojawi,artykuly,431458,1.html


thefad.pl

Das polnische Gesetz über das Oberste Gericht steht im Widerspruch zum EU-Recht

Nach Ansicht der Europäischen Kommission verstößt das polnische Gesetz über das Oberste Gericht gegen das Recht der Europäischen Union, da es den Grundsatz der Unabhängigkeit der Justiz, einschließlich des Grundsatzes der Nichtabsetzbarkeit von Richtern, verletzt.
Nach dem Gesetz sind die Richter, die älter als 65 Jahre sind, am 3. Juli 2018 in den Ruhestand getreten.
Sollte Polen innerhalb der nächsten 30 Tage keine geeigneten Maßnahmen ergreifen, wird die Europäische Kommission Polen vor den Gerichtshof der Europäischen Union bringen.
Der Präsident kann zweimal für jeweils drei Jahre die Amtszeit der Richter verlängern. Es gibt keine Kriterien, die der Präsident befolgen muss, wenn er beschließt, aktiven Dienst zu verlängern, und es ist keine gerichtliche Überprüfung einer Ablehnung vorgesehen.
Entgegen dem Standpunkt der polnischen Behörden ist die Europäische Kommission der Auffassung, dass die Einführung von Konsultationen mit dem Landesrat für Gerichtsbarkeit keinen wirksamen Schutz bietet.
Die Stellungnahme des Landesrats für Gerichtsbarkeit ist nicht bindend und basiert auf vagen Kriterien. Darüber hinaus setzt sich derzeit durch die Reform vom 8. Dezember 2017  der Landesrat für Gerichtsbarkeitt aus Richtern zusammen, die vom Sejm der Republik Polen unter Verstoß gegen die europäischen Normen der richterlichen Unabhängigkeit ernannt wurden.
Die Europäische Kommission stellte ferner fest, dass die Antwort der polnischen Behörden auf das am 2. Juli eingeleitete Verfahren die rechtlichen Bedenken der Kommission nicht ausgeräumt hat.

Zsfg.: JP

http://thefad.pl/aktualnosci/polska-ustawa-o-sadzie-najwyzszym/


Zitat der Woche

“(…) schmerzhafte Aussagen kamen zuletzt zum Ausdruck, dass in Polen die Verfassung und nicht das Evangelium regiert, und dass die Verfassung den Vorrang vor dem Evangelium haben sollte”

Erzbischof Depo von der Diözese Częstochowa bei der Feierlichkeiten zum Mariä Himmelfahrt im Klarenberg Kloster am 15.08.18

DEKODER auf Deutsch
http://dekoder.com.pl/deutsch-artikel/


DIALOG FORUM – Perspektiven aus der Mitte Europas 
https://forumdialog.eu/

 

Medienspiegel – in der deutschsprachigen Presse über Polen

 

DieZeit.de

Regierung verzichtet auf Änderung des EU-Wahlrechts
https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-08/polen-wahlrechtsreform-andrzej-duda-veto-pis-beendigung


DieZeit.de

EU-Kommission stellt Polen ein Ultimatum
https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-08/justizreform-polen-unabhaengigkeit-justiz-eu-recht-gerichtshof


DerTagesspiegel.de

Wie ein deutscher General die Nato-Ostgrenze schützt
https://www.tagesspiegel.de/themen/reportage/baltikum-polen-und-russland-wie-ein-deutscher-general-die-nato-ostgrenze-schuetzt/22905112.html


Detuschlandfunk.de

Polen irritiert über Debatte um Auslandszahlungen
https://www.deutschlandfunk.de/kindergeld-fuer-eu-buerger-polen-irritiert-ueber-debatte-um.769.de.html?dram:article_id=425201


NeueZürcherZeitung.ch

Eine lange Tradition des Antisemitismus in Polen
https://www.nzz.ch/international/eine-lange-tradition-des-antisemitismus-in-polen-ld.1410572

Redaktion :

Małgorzata Burek
Jacek Cichoń +
Jerzy Paetzold
Christel Storch-Paetzold
Łukasz Szopa
Krzysztof Wójcik