Pressespiegel 201846 vom 15.11.2018

 

Polen-Newsletter 46/2018

vom 15.11.2018

Mitte 21 – Verein zur Förderung der Völkerverständigung und der Demokratie e.V.

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Unabhängigkeits-Marsch 2018: Nationalisten sind die Gewinner, PiS und die Republik Polen – Verlierer

Die PiS verlor, weil sie ungeschickt war und vor den Nationalisten kapitulierte. Der polnische Staat verlor, weil die Feier wieder von der extremen Rechten dominiert wurde. Die Letzten gewannen am meisten. Die Opposition kann sich über die Niederlage der Pis-Partei freuen, aber es war nicht ihr Sieg.
Es ist schwierig, die Kompromisse und Misserfolge der PiS-Regierung und des Präsidenten Duda in den Tagen vor dem Marsch und während des Marsches zu zählen.
Der Präsident sollte auf dem Marsch erscheinen. Später sagte er ab. Er organisierte seinen eigenen Marsch an der gleichen Stelle und zur gleichen Zeit, wie der rechte Flügel ihn plante.
Schließlich gingen die Herrscher einen Kilometer vor den Nationalisten, geschützt vom Militär, obwohl sie zusammen gehen sollten. Man kann die Unschuld nicht zur Hälfte bewahren. Die Regierenden haben die Führer der Nationalisten immer legitimiert und mit ihnen die Bedingungen für einen gemeinsamen Marsch ausgehandelt, fast gleichberechtigt! Es ist schwierig, ein größeres Geschenk für ONR und ihre Kollegen zu machen und gleichzeitig eine größere Demonstration der Hilflosigkeit der Macht.
Natürlich hat auch der polnische Staat sowohl als Institution als auch als Gemeinschaft verloren. Die Polizei erwies sich als zu schwach, um die Sicherheit für alle zu gewährleisten. Die Armee musste gerufen werden. Der von der PiS regierte Staat war nicht in der Lage, eine Massenfeier zu organisieren, die Bürger anziehen würde. So fand unter den Bannern der extremen Rechten eine der größten und vielleicht auch die größte Straßendemonstration in der Dritten Republik statt.
Die Opposition hingegen kann sich nur schwer über die Niederlage von PiS freuen. Die von ihr organisierten Feiern, Streikposten und Gegenmarschveranstaltungen zogen – im Vergleich zu den Massen am Unabhängigkeitsmarsch – eine Handvoll Polen an.

Zsfg.: JP


https://oko.press/marsz-niepodleglosci-2018-wygrali-nacjonalisci-przegral-pis-i-rzeczypospolita/


oko.press

TUSK: „Je mehr sie in der EU bleiben wollen, desto mehr verlassen sie sie“ Donald Tusk’s Vortrag während des Festivals der Freiheit in Łódź am 10. November 2018

Wichtige Fragmente in Übersetzung:
„Und hier komme ich zum Kern der Sache. Heute sind wir nicht dazu verdammt, passiv zu beobachten, was mit der Geopolitik um uns herum und mit Polen geschieht. Wir haben alle Werkzeuge und Instrumente, wir haben das Potenzial, wir haben historische Umstände, die es uns ermöglichen, dieses geopolitische Glück, das uns in unserer Geschichte zweimal begünstigt hat, zu beeinflussen, damit es auch in unserer Zeit so lange wie möglich besteht.
Der vollste Ausdruck dieses geopolitischen Glücks ist natürlich unsere Präsenz in der Europäischen Union und in der NATO. Aber erinnern wir uns an die Warnungen, die damals, vor hundert Jahren, vor 60 Jahren, vor zehn Jahren, und wahrscheinlich immer aktuell sein werden.“

„Das Problem ist, dass diejenigen, die heute den Nationalismus in Europa anfeuern, die für Desintegration und Konflikte eintreten, unweigerlich zu einer Bedrohung führen werden, die auch für unsere polnische Unabhängigkeit absolut grundlegend ist.
Wer sich heute in Polen gegen unsere starke Position in einem vereinten Europa ausspricht, spricht sich eigentlich gegen die Unabhängigkeit Polens aus.
Nicht wegen meiner Funktion, sondern wegen meiner tiefen Überzeugung, dass dies wieder die größtmögliche politische Bedrohung für mein Land darstellen könnte, möchte ich heute, am Vorabend des Jahrestages der Unabhängigkeit, auch sagen, dass es an uns liegt, hier in Polen, ob Politiker zum Zerfall der Europäischen Union und zum Rückzug Polens aus der EU führen werden.“

„Jede Geschichte, jede Nation braucht ihre Helden. Ich habe ihre Namen hier bereits erwähnt, aber ich möchte sie noch einmal wiederholen, denn das wird heute, am Vorabend des Jahrestages der Unabhängigkeit, wahrscheinlich sehr wichtig sein: Schließlich war es Piłsudski, der sagte, dass eine Nation, die ihre Vergangenheit nicht respektiert, keine gute Zukunft verdient. Also lassen Sie uns das noch einmal so deutlich wie möglich betonen: Der Held, der Vater unserer Unabhängigkeit ist Józef Piłsudski, der Held und der Vater unserer Freiheit ist Lech Wałęsa und basta! Und das wird sich nicht ändern, unabhängig davon wie stark eine lächerliche historische Politik diese Tatsache ändern will.“

„Hört zu, wenn sie [Piłsudski und Wałęsa] die Bolschewiki besiegen könnten, warum solltet Ihr nicht in der Lage sein, die heutigen Bolschewiki zu besiegen.
Denkt daran, ohne Eure, unsere polnischen Rechte und Freiheit gibt es keine Unabhängigkeit. Und diese Rechte verteidigen, diese Freiheit verteidigen und die Unabhängigkeit Polens verteidigen, das ist Eure Aufgabe.“

Zsfg.: JP


https://oko.press/tusk-im-bardziej-oni-nie-chca-wyjsc-z-ue-tym-bardziej-wychodza-pelny-tekst-wystapienia-w-lodzi/


polsat.news.pl

Erst Polizisten, jetzt sind Feuerwehrleute krank geschrieben

„Krankheiten“ breiten sich unter den uniformierten Diensten aus, die dem Ministerium für Inneres und Verwaltung unterstellt sind. Nach den Polizisten beginnen die Feuerwehrleute zu „erkranken“. Zur Zeit liegen keine offiziellen Daten über die Anzahl der Ausfälle vor. Der Oberbefehlshaber der Feuerwehr befahl seinen Untergebenen, jeden Morgen über die Anzahl der Offiziere der einzelnen Rettungs- und Feuerwehreinheiten zu berichten, die krank sind.
Der Protest der uniformierten Dienste, an dem sich die Beamten des Grenzschutzes, des Strafvollzuges, der Feuerwehr und des Zolls beteiligen, dauert seit Juli an. Zunächst forderten die Gewerkschafter eine Gehaltserhöhung um 650 zloty, eine Rückkehr zum vorherigen Rentensystem und eine Anpassung der Gehälter. Später informierte die Gewerkschaft der Polizei über ihre Bereitschaft, Zugeständnisse zu machen, z.B. bei der Rückkehr in das bisherige Rentensystem.
Bislang wurde keine Einigung erzielt, und die Polizisten begannen, sich massiv krank schreiben zu lassen. Der Pressesprecher des Polizeipräsidiums, Mariusz Ciarka, informierte, dass im ganzen Land sogar mehrere Prozent der Offiziere krank geschrieben sind.
„Die Tatsache, dass Beamte krank sind, ist kein Bestandteil der Protestaktion“, versicherte Rafał Jankowski, der Leiter der Polizeigewerkschaft, am Montag. Er meinte, dass hohe Fehlzeiten unter Polizisten, die als „Bullengrippe“ bezeichnet werden, keine „sichere Situation“ darstellen.
Nach verschiedenen Schätzungen sind 15-20 Prozent der Polizeibeamten krank.

Zsfg.: MB


http://www.polsatnews.pl/wiadomosc/2018-11-07/najpierw-policjanci-teraz-strazacy-biora-zwolnienia-lekarskie/


onet.pl

Der Sejm lehnte das Projekt des Gesetzes über die Abschaffung der Impfpflicht ab

Der Sejm lehnte in einer Abstimmung eine bürgerliche Gesetzesinitiative zur Abschaffung der Impfpflicht ab. Es gab 354 Abgeordnete, die für die Ablehnung des Vorschlags waren, 10 dagegen und 16 Enthaltungen.
Während der Debatte am Donnerstagabend gaben die Fraktionen: PiS, PO, Nowoczesna und PSL-UED ihre Ablehnung bekannt. Zuvor, ebenfalls am Donnerstag, empfahlen die gemeinschaftlichen Ausschüsse für Gesundheit, Sozialpolitik und Familie die Ablehnung des Projekts.

Ein bürgerlicher Entwurf zur Änderung des Gesetzes über die Prävention und Kontrolle von Infektionen und Infektionskrankheiten beim Menschen wurde vor einigen Wochen mit den Stimmen der Sejm-Mehrheit einem Ausschuss vorgelegt. Politiker von PiS erklärten, dass ihre Fraktion für die Zurückweisung des Entwurfs an den Ausschuss gestimmt habe, weil PiS versprochen habe, Bürgerprojekte in erster Lesung nicht abzulehnen. Sie wiesen auch darauf hin, dass das Verfahren eine Gelegenheit sein könnte, über die Gültigkeit der Impfung aufzuklären. Die Haltung der Regierung zu dem Projekt ist negativ.

Pflichtimpfungen bei Kindern und Jugendlichen bis zum Alter von 19 Jahren werden in Polen nach einem bestimmten Kalender durchgeführt. Zu den obligatorischen Impfungen gehören Tuberkulose, Diphtherie, Keuchhusten, Polio, Masern, Mumps, Röteln, Tetanus und Hepatitis B. Zu den empfohlenen Impfungen gehören Impfungen gegen Rotaviren.

Zsfg: MB


https://wiadomosci.onet.pl/kraj/sejm-odrzucil-projekt-likwidujacy-obowiazek-szczepien-ochronnych/vzx9tn2


oko.press

PiS wurde abgeschrieben. Von 107 „Präsidialstädten“ wird sie in nur 5 regieren. Ein Triumph der Unabhängigen

Nach der Stichwahl bei den polnischen Kommunalwahlen 2018 zeigen die Ergebnisse, dass die Bürgermeister-Kandidaten von Kaczyńskis Regierungspartei PiS in nur 5 den s.g. „Präsidialstädten“ gewannen. So nennt man in Polen die Mittleren- und Großstädte, in denen der Bürgermeister „Präsident“ genannt wird. Im Vergleich mit den Kommunalwahlen 2014 hat die PiS sogar 6 solcher Städte verloren, und nur eine dazugewonnen.
Die Kandidaten der KO (Koalicja Obywatelska – Bürgerkoalition, Zusammenschluss der Oppositionsparteien PO und Nowoczesna) haben die Ergebnisse von 2014 verbessert und kamen auf 28 Bürgermeister, die kleine national-populistische Partei Kukiz‘15 eroberte den Bürgermeisterposten von Przemyśl.
Den größten Sieg können aber Unabhängige verbuchen – auch wenn einige davon durchaus von Parteien unterstützt wurden. Sie gewannen in 107 Städten.
Die Stichwahl zeigte zudem, dass oft bewusst gegen die PiS abgestimmt wurde. In mehr als der Hälfte der Städte, wo es zu einer Stichwahl kam (25), gab es auch einen PiS-Kandidaten. In nur zwei davon konnten sich die PiS-Politiker durchsetzen.

Zsfg.: ŁS


https://oko.press/krzyzyk-na-pis-na-107-miast-prezydenckich-rzadzic-beda-tylko-w-6-ko-w-28-triumf-niezaleznych/


crowdmedia.pl

Starke Worte von Tusk. Indem er Orban zur Ordnung ruft, macht er auch einen Seitenhieb auf die PiS

Während die PiS immer noch etwas überrascht die Wunden leckt nach den für sie mäßig verlaufenden Kommunalwahlen in Polen, schafft es der EU-Ratspräsident Donald Tusk, die Regierungspartei in Polen weiter zu verwirren. Je mehr Tusk die Entscheidung über seine politische Zukunft hinausschiebt, – d.h. ob und wann er in die polnische Politik zurückkehren wird – scheint die PiS dadurch umso mehr desorientiert. Vor allem, wenn Tusk gleichzeitig immer stärkere politische Statements abgibt, die auch die polnische Innenpolitik betreffen.
So auch vor Kurzem beim Treffen der Europäischen Volksparteien in Helsinki. Dort reagierte Tusk sehr entschlossen auf Viktor Orban und seine Politik mit den Worten: „Du bist gegen den Rechtsstaat, freie Presse, du bist somit kein Christdemokrat. Wenn du die westliche liberale Demokratie gegen ein östliches Modell der illiberalen Demokratie tauschen möchtest – dann bist du kein Christdemokrat. Ich würde gerne glauben, dass wir alle hier den Idealen der echten Christdemokratie treu bleiben möchten“, sagte er zum Schluss, worauf sein Beitrag sehr euphorisch aufgenommen wurde.
Diese Worte waren womöglich nicht nur eine Kritik an Orban, sondern auch ein klarer Seitenhieb auf die Politik der PiS.

Zsfg.: ŁS


https://crowdmedia.pl/bardzo-mocna-wypowiedz-donalda-tuska-stawiajac-do-pionu-viktora-orbana-wbil-tez-szpile-dobrej-zmianie/


Zitat der Woche

„Als ich sagte, dass Polen die gegenwärtigen Bolschewiki auch heute besiegen können, meinten alle, dass es um PiS geht. Sogar PiS dachte so. Aber es ging um Bolschewiki, und um niemanden anderen sonst”

Donald Tusk, auf Twitter – 12/11/2018

Quelle: https://oko.press/zagrywka-tuska-chodzilo-mi-tylko-o-bolszewikow-nieprawda-chodzilo-o-pis-jako-bolszewie/
 

Medienspiegel – in der deutschsprachigen Presse über Polen

 

tagesschau.de

Opposition siegt in den Großstädten
https://www.tagesschau.de/ausland/polen-buergermeister-pis-101~amp.html


tt.com

Ex-Premier Tusk in Polen zu Finanzskandal befragt
https://www.tt.com/ticker/14983830/ex-premier-tusk-in-polen-zu-finanzskandal-befragt


freiwelt.net

Polen distanziert sich vom Globalen UNO-Migrationspakt
https://www.freiewelt.net/nachricht/polen-distanziert-sich-vom-globalen-uno-migrationspakt-10076150/


tagesschau.de

Worüber streiten Deutschland und Polen?
https://www.tagesschau.de/ausland/merkel-polen-111.html


tagesschau.de

Viele Polen sehen es entspannt
https://www.tagesschau.de/ausland/polen-stimmung-101.html

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