Pressespiegel 201931 vom 01.08.2019

 

Polen-Newsletter 31/2019   vom 01.08.2019

Mitte 21 – Verein zur Förderung der Völkerverständigung und der Demokratie e.V.

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oko.press

„Białystok nicht für Schwuchtel“. Der Marsch für die Gleichheit verlief in einer Gasse des Hasses

 
Der erste Marsch für die Gleichheit in Białystok bewältigte die gesamte 3 km lange Strecke trotz der ständigen Angriffe von Hunderten der Fußball-Rowdys, die aus ganz Polen angereist waren. Die anfangs passive Polizei durchbrach erfolgreich 5 Sperren mit Hilfe von Pfefferspray und Knallkörpern. „Ich fühlte mich wie in einem Krieg“, sagte einer der Teilnehmer des Marsches. „Wir haben bis jetzt noch nie solchen Hass gesehen“, schreiben die OKO.press-Reporter.
 
Die Journalisten von OKO.press Anton Ambroziak und Magda Chrzczonowicz sowie die Fotojournalistin Agata Kubis nahmen am Samstag, dem 20. Juli, am ersten Marsch für die Gleichheit in Białystok teil. Sie berichteten live auf unserem FB-Profil über den gesamten dramatischen Verlauf der vielen Stunden der Demonstration. Mehrfach wurden sie Opfer von Angriffen, wurden mit Eiern beworfen und beschimpft. Anton Ambroziak wurde zweimal das Telefon aus der Hand geschlagen.
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Der Gleichstellungsmarsch in Białystok war von der Stadt zugelassen. Er hatte jedoch Gegner: Fußball-Rowdys aus ganz Polen, Nationalisten und den Metropoliten von Podlachien, Erzbischof Wojda, der eine Woche vor dem Marsch die Worte von Kardinal Wyszyński zitierte „Non possumus“. Es waren mehr Gegner des Marsches auf den Straßen als Teilnehmer, deren Zahl von der Polizei auf 1000 Personen geschätzt wird.
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Bereits zwei Stunden vor Beginn trafen sich Fußball-Rowdys und Rechtsextremisten im benachbarten Park Centralny. 61 legale Versammlungen wurden auf dem Marschweg registriert. Ein alternativer Marsch, für Familien mit Kindern, wurde auch vom Marschall der Woiwodschaft Podlachien Artur Kosicki von der PiS organisiert.
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Nicht umsonst haben die Organisatoren des Marsches darum gebeten, nicht zu früh zum Startplatz zu kommen. Ab 12:00 Uhr versammelten sich Fußball-Rowdys, Rechtsextremisten und Bewohner von Białystok, die den Marsch blockieren wollten. „Verpisst euch, Schwuchteln“, „Białystok frei von Schwuchteln“, „Gott, Ehre und Vaterland“, sangen sie. In den Pausen wurde gebetet.
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Alle paar Sekunden hörten wir Schüsse und das Geräusch von Glasscherben. Es schien, dass es keine Chance gab, der Einkesselung zu entkommen. Eine Handvoll Menschen standen gegenüber mehreren hundert Angreifern. Hilflose Polizei. Der Gleichstellungsmarsch hatte nicht einmal eine offizielle Eröffnung. Es sei denn, wir lassen die Tränen der Teilnehmer als solche gelten.
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„Ich fühle mich wie in einem Krieg“, sagte einer von ihnen zu mir, einer aus Białystok. „Ich schäme mich für sie“. „Wie fühlst du dich, wenn du siehst, was hier los ist?“ „Fatal. Das soll Freiheit für alle sein?“ „Wie reagieren Sie auf diese Parolen, dass wir die sind, welche die andere Seite provozieren?“ „Jetzt kommt die Zeit darüber nachzudenken, irgendwohin auszuwandern.“
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„Schwule, verpisst Euch. Wir wollen Euch nicht in Białystok“, rief ein älterer vornehm aussehender  Herr. Er kam mit einem anderen älteren Mann ins Gespräch, der anfing, ihn zu besänftigen. „Jeder hat das Recht zu demonstrieren.“ „Aber nicht die“, argumentierte der Erste. „Und ich rede nicht mit Dir, weil Du auch schwul bist.“
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„Und jemand stiftet dazu an, jemand ist dafür verantwortlich. Dass diese Leute uns in Ghettos einsperren wollen. Ich möchte den Oberen der katholischen Kirche sagen: Sie sind dafür verantwortlich, diesen Hass zu sähen, der hier das echte Gesicht zeigt. Diese Leute berufen sich auf Gottes Namen. Dies ist das größte Sakrileg. Kein Gott erlaubt solchen Hass“ sagte eine der Teilnehmerinnen.
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Michał Perła, ein Teilnehmer des Marsches, erzählt uns: „Es war schrecklich, am Anfang des Marsches gab es keine Polizei, und die Gegendemonstranten standen nur zwei Meter von uns entfernt. Einen Moment zuvor, als wir zum Marsch kamen, bemerkten wir einen Mann in einer roten Sturmmaske, der einen 14-Jährigen schlug. Er fing alle auf, die er auf dem Weg zum Marsch getroffen hatte. Wir mussten uns in einer Apotheke verstecken. Ich habe noch nie so viel Angst gehabt. Ich habe die Polizei gerufen, sie ist nach 20 Minuten angekommen. Nach 20 Minuten!“
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Wir standen sehr nah beieinander, wir bildeten eine enge Gruppe. Es war überraschend, dass die Polizei überhaupt nicht reagierte. Als ob sie erst in diesem Moment bemerkt hätten, dass die Situation gefährlich war. Tatsächlich trennte in vielen Augenblicken keine Absperrung die zusammengedrängten Demonstranten und die schreienden Gegner. Ein Schritt und es könnte zu einer Tragödie kommen.
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Anton Ambroziak: Endlich sind wir gestartet. Wir gingen durch die Stadt und wurden ständig von Gegnern begleitet, Männern und Frauen mit patriotischen T-Shirts und Emblemen des kämpfenden Polens, Adler usw. Feuerwerkskörper flogen. Einer fiel neben dem Kinderwagen.
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Es war erstaunlich, dass die Teilnehmer des Marsches, trotz ihrer Angst, vorwärts gingen. Und wir fühlten uns hilflos, dem Beschuss buchstäblich und im übertragenen Sinne ausgesetzt, weil die Polizei uns nur vor direkten physischen Angriffen schützte, aber sie reagierte nicht auf das Werfen von Gegenständen auf uns und die Schüsse auf uns.
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An mehreren Stellen, an denen sie versuchten, den Marsch zu blockieren, stellten sie sich als eine große Gruppe auf der Straße auf. Sie bewarfen die Polizei auch mit Feuerwerkskörpern, Eiern, Flaschen mit stinkenden Substanzen und Steinen.
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Den meisten Gaffern waren der Marsch und seine Gegner gleichgültig. Wir bemerkten nur eine Familie, die den Demonstranten freudig zuwinkte.
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Ich habe noch nie eine solche Feindseligkeit gegenüber Marschierenden gesehen, noch habe ich eine solche Aggression gegenüber LGBT-Menschen gespürt. Ich habe noch nie so viele hasserfüllte Schreie gehört, so viele vulgäre Gesten gegenüber den Demonstranten.
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Der Marsch änderte die Route mehrmals und kehrte zurück, um zum Markt gehen zu können, wo das Ende der Route geplant war. Ziel war es, die Gegner, die Blockaden bildeten, zu verwirren. Nach einer dieser Änderungen betrat der Marsch eine schmale Straße beim Branicki-Palast, wo ein Familienpicknick abgehalten wurde. Die Gegner schafften es, dorthin zu rennen und die Blockade zu organisieren. Gegenüber standen die Polizisten in voller Ausrüstung direkt vor dem Banner „Mama und Papa, der größte Schatz der Welt“. Das Banner wurde von drei Frauen mit Rosenkränzen gehalten. Die Gegner beteten abwechselnd den Rosenkranz und riefen: „Verpisst euch, Schwuchteln“.
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Marek Błaszczyk von der Vereinigung My Rodzice [Wir Eltern] ging ebenfalls in dem Marsch. Er sagt uns: „Man fühlt sich schlecht bei so viel Hass. Nichts passiert umsonst. Wir werden gehen und der Hass wird in jedem bleiben.“
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Nach Angaben der Polizei von Białystok nahmen an diesem Tag 5000 Personen an den Versammlungen teil. Darunter nahmen Eintausend am Marsch für die Gleichheit teil.
Laut dem Sprecher der Polizei von Białystok, Tomasz Krupa, wurde der Marsch von mehreren hundert Polizisten beschützt. Viel weniger als Gegendemonstranten mit fanatischem und nationalem Hintergrund.
 

Zsfg.: JP

https://oko.press/bialystok-marsz-rownosci-przeszedl-kibole-przeklenstwa-przeplatali-modlitwami/


oko.press

Die Kirche war an den Ereignissen in Białystok beteiligt. „Die Bischöfe bekamen Angst vor den Dämonen, die sie losließen“

 
Die homophobe Linie der polnischen Kirche löst bei säkularen Gläubigen sowie bei einzelnen Geistlichen, die immer öfter Solidarität mit uns ausdrücken, heftige Widerstände aus.“, sagt OKO.press Marcin Dzierżanowski, Präsident der Stiftung Wiara i Tęcza [Glaube und Regenbogen], die sich für homosexuelle, bisexuelle und transgender Christen einsetzt.  
Die Vereine Kampania Przeciw Homofobii [Aktion gegen Homophobie], Wiara i Tęcza und der Verein Tolerado organisierten 2016 eine soziale Aktion, die erste in Polen und eine der ersten in der Welt. Wir haben es unter der Schirmherrschaft von vier katholischen Redaktionen gemacht: „Znak“, „Więź“, „Kontakt“ und „Tygodnik Powszechny“.
Die Reaktionen der Laienkatholiken waren sehr gut. Die Bischöfe gaben jedoch sehr schnell eine Erklärung ab, dass sich Katholiken an dieser Aktion nicht beteiligen sollen. Sie erinnerten zwar daran, dass man Respekt zollen soll, aber die gesamte Botschaft war sehr kritisch gegen die Aktion gerichtet.  
Nach den Ereignissen in Białystok ist alles anders. Es gibt eine Reaktion der kirchlichen Hierarchie auf Aggressionen gegen LGBT-Menschen. Ich vermisse aber die Erkennung der eigenen Schuld. Aber besser ist eine solche Reaktion als keine.
Anscheinend bekamen die Bischöfe Angst vor den Dämonen, die sie losließen. Schließlich lässt es sich nicht verbergen, dass die Beteiligung der katholischen Kirche an dem, was in Bialystok geschah, relevant war. Auch die örtliche orthodoxe Kirche unterstützte das Picknick, das als Gegengewicht zum Marsch für die Gleichheit organisiert wurde. Aber ihre Schuld ist viel geringer. Die Hauptverantwortung liegt beim Erzbischof Tadeusz Wojda und dem katholischen Klerus, denn ihr Einfluss auf Podlachien ist enorm. 
Papst Franziskus ist der erste Papst in der Geschichte der Kirche, der dem LGBT gegenüber so offen ist. Offiziell ändert sich die kirchliche Lehre nicht, aber es gibt eine offene Diskussion zu diesem Thema. Es sind Gesten des Papstes, welche die Atmosphäre in der Weltkirche beeinflussen und verändern.  
Als erster Papst in der Geschichte benutzte Franziskus das Wort „Homosexuell“, als er im Jahr 2013 auf der Rückreise von Brasilien war. Ich erinnere mich an die Zeiten, als Priester sagten, dieses Wort sei die Manifestation einer Ideologie. Heute verwenden sie es in Predigten. Als Franziskus 2016 aus Armenien zurückkehrte, entschuldigte er sich bei Homosexuellen für die Beleidigungen in der Vergangenheit. Im Oktober 2015 empfing er in einer Audienz einen Ex-Schüler mit seinem homosexuellen Partner. Im selben Jahr am Gründonnerstag wusch er die Füße einer Transgenderfrau.
Es gab mehrere solcher Gesten. Sie ändern nicht die Lehre, sondern weisen auf eine Änderung des pastoralen Ansatzes hin. Während des Pontifikats von Johannes Paul II. gab es offiziell keine Diskussion über die Notwendigkeit, LGBT-Menschen in die Kirche einzubeziehen, nur im Untergrund fand sie statt. In Polen erfuhr man nichts davon. Heute wird die Diskussion in der Öffentlichkeit geführt. In zwei Synoden, die der Familie gewidmet waren, diskutierten die Bischöfe 2014 und 2015 über die Anerkennung des Wertes der gleichgeschlechtlichen Beziehungen. Der Antwerpener Erzbischof Johan Bonny schlug sogar vor, dass die Kirche eine Zeremonie für gleichgeschlechtliche Paare einführen solle. 
Wie wir aus der Erfahrung des Westens wissen, hat es doch Veränderungen gegeben. Auch in Polen wird es so sein. Zuerst wird sich die Gesellschaft und dann die Kirche verändern.
Wird diese Veränderung von Laien kommen, nicht von Priestern oder Kirchenoberen? 
Sicher. Und wahrscheinlich wird es nicht blitzschnell sein. 
Wir sprechen offen über die Notwendigkeit, die Lehre der Kirche zu ändern, und vor allem über die Notwendigkeit, den Wert von gleichgeschlechtlichen Beziehungen und Transgender-Personen anzuerkennen. Wir versuchen, diesen Wandel zu beschleunigen, aber wir sind nicht naiv, wir wissen, dass es nicht einfach und schnell gehen wird.  
Priester haben die Pflicht, sich offen gegen Homophobie zu stellen. Sie ergibt sich unmittelbar aus dem Punkt 2357 des Katechismus der katholischen Kirche. Ich bin kein Fan dieses Dokuments, aber selbst in diesem unvollkommenen Text spricht man von der Notwendigkeit, gegen ungerechtfertigte Diskriminierung vorzugehen. Obwohl der Katechismus von Johannes Paul II. unterzeichnet wurde, bleibt dieser Teil in der polnischen Wirklichkeit ohne Anwendung. 
Deshalb fungiert unsere Stiftung auch als eine Art Selbsthilfegruppe. Wir organisieren Exerzitien und schaffen einen freundlichen Raum für LGBT-Gläubige. Eigentlich machen wir die Arbeit der Priester, obwohl es auch Priester gibt, die mit uns arbeiten. Wir unterstützen Geistliche, die das Gefühl haben, dass sich die Kirche verändern soll, oder die, welche selbst homosexuell sind und darüber sprechen wollen. Weil man in der polnischen Kirche nicht darüber spricht. 
Hat Sie jemand nach den Ereignissen in Białystok um Unterstützung gebeten? Nach diesen Ereignissen können viele Katholiken, die schwul, lesbisch, transgender oder bisexuell sind, Angst haben.
Tatsächlich schreiben uns jetzt mehr Leute. In jedem Fall hat das Interesse an unseren Aktivitäten deutlich zugenommen, seit die Kirche den Kurs gegen LGBT+-Personen verschärft und ihren homophoben Ton verstärkt hat, insbesondere nach dem Film der Sekielski-Brüder [ein Film über den sexuellen Kindesmissbrauch in der Kirche]. Das offensichtliche Ergebnis dieser Haltung der Kirche ist das, was in Bialystok geschah. Glücklicherweise löst diese sehr scharfe homophobe Linie eine heftige Reaktion der Laienkatholiken sowie von einigen Geistlichen aus, die sich immer häufiger mit uns solidarisch fühlen.
Der Białystok-Vorfall war sehr traurig und schmerzhaft, auch für uns, weil viele Menschen aus unserer Stiftung auch an diesem Marsch teilgenommen haben. Diese Ereignisse können für viele Gläubige wie eine kalte Dusche sein. Wer weiß, ob es nicht polnische katholische Stonewall sein wird.  
Stonewall ist ein schwuler Club, der Ende der 1960er Jahre in New York tätig war. Nach der Razzia am 28. Juni 1969 begannen Demonstrationen, an denen Tausende von Menschen teilnahmen. Diese Ereignisse gelten als Wendepunkt im Kampf um die Anerkennung der Rechte von LGBT+-Personen in den Vereinigten Staaten.
 

Zsfg.: MB

https://oko.press/kosciol-mial-swoj-udzial-w-wydarzeniach-w-bialymstoku-biskupi-przestraszyli-sie-demonow-ktore-wypuscili/?fbclid=IwAR3jftytkfSJCywr40b2h4u8T-EAmZS9fh4Vu0Ibqy5JNma2ktBh8Xy9bvM


money.pl

LGBT-Gegner erhalten finanzielle Unterstützung von der Regierung. Es gibt Geld für die „Bewegung 4. März“

 
Die Bewegung wurde im März dieses Jahres als Reaktion auf die Annahme der so genannten LGBT+-Charta durch die Warschauer Behörden gegründet. Ihr Hauptziel ist es, den Rückzug der Stadt von dieser Erklärung zu erreichen. Die Gründer der Bewegung kommen von der Stiftung „Mama und Papa“, die unter anderem mit der umstrittenen Kampagne „Ich habe es nicht geschafft, Mama zu werden“ verbunden ist.
Das „Nationale Institut für Freiheit“, eine Einrichtung unter der Aufsicht des Kulturministers Piotr Gliński, überweist 200 000 PLN an die „Bewegung 4. März“ im Rahmen des Programms zur Entwicklung von Bürgerorganisationen. Laut stellvertretendem Bürgermeister von Warschau, Piotr Rabiej, ist die Gewährung eines Zuschusses für die „Bewegung 4. März“ eine ideologische Entscheidung. „Wir werden beim Institut Informationen darüber beantragen und die Aktivitäten des Vereins ‚Bewegung 4. März‘ genau beobachten“, sagte er im Radio ZET.
 

Zsfg.: AV

https://www.money.pl/gospodarka/przeciwnicy-lgbt-z-rzadowym-dofinansowaniem-sa-pieniadze-dla-ruchu-4-marca-6404225583851137a.html?fbclid=IwAR2BaOSBTyrkrMzyF33QS7sW5318e2fC51YC7CJq7DjQ-_De7Mmfc7u2k88


natemat.pl

„Abscheulicher Hass“. Der evangelische Bischof beschämte katholische Würdenträger wegen der Ereignisse in Białystok

 
Bischof Jerzy Samiec ist einer der Vertreter des Klerus, die unabhängige Meinungen zum Ausdruck bringen. In eindeutigen Worten äußerte er sich zu den Unruhen in Białystok. Und stellte sich auf die Seite der Opfer und nicht der Täter. Er betrachtet den Marsch für die Gleichheit nicht als Angriff auf die Kirche.
„Abscheuliche Gewalt und Hass im schönen Bialystok. Gott braucht die Hände der Menschen, nicht um Steine zu werfen, sondern um barmherzig zu sein. Er möchte unsere Lippen nicht, damit wir verurteilen, sondern um die Schwachen zu verteidigen. Gott braucht unsere Verteidigung nicht, aber die Bürgerrechte schon“, schrieb der Bischof der Evangelisch-Augsburger Kirche zu den Ereignissen beim Marsch für die Gleichheit in Białystok. Die Fußball-Rowdys schimpften und warfen Steine und Flaschen auf die Demonstrationsteilnehmer.
Jerzy Samiec ist ein Bischof, der die polnische Realität seit Jahren kühn bloßstellt. „Wenn es Menschen gibt, die mit dem Christentum auf den Lippen andere stigmatisieren oder verhöhnen, tun sie dies nicht als Christen“, sagte er zu Katarzyna Zuchowicz aus der Redaktion naTemat.
 „Wenn jemand erniedrigt, unterdrückt, angreift, schlägt, hasst, verfolgt, quält, ungeachtet der Gründe für sein Verhalten, auch wenn er dies mit Gott auf den Lippen tut, unter dem Banner des Christentums, ist er kein Nachahmer Christi“. Dies ist ein Fragment eines Beitrags, den er im Zusammenhang mit dem Selbstmord des 14-jährigen Kacper schrieb. Der Junge wurde zum Opfer der homophoben Hetze.
 
Hołownia zum Marsch für die Gleichheit
Ähnlich äußerte sich der katholische Publizist Szymon Hołownia. Wie er sagte, er hätte nicht am Marsch für die Gleichheit teilgenommen.
„Solange die Republik jedoch keine Pfarrei, sondern ein Staat ist, möchte ich sicher sein, dass jeder, dem das Gesetz es erlaubt, freie Meinungsäußerung hat. Egal ob es ein Marsch für die Gleichheit oder eine Prozession ist“, betonte er.
Hołownia hat keinen Zweifel daran, dass die Gegner des Marsches für die Gleichheit nicht Gott und nicht die religiösen Gefühle verteidigt haben. „Diese Leute verspotteten meine Werte und beleidigten ungestraft meine religiösen Gefühle, verspotteten meinen Glauben und korrumpierten die Jüngsten. Ich hoffe, dass der Priester in naher Zukunft einen Hirtenbrief in dieser Angelegenheit veröffentlichen und das Singen von Gnaden-Gesängen anordnen wird“, schrieb er auf Facebook.
 

Zsfg.: JP

https://natemat.pl/279483,bp-jerzy-samiec-po-marszu-rownosci-bog-nie-potrzebuje-kamieni?fbclid=IwAR0K2WZfOXOWkzca2p_mZ9fEQ1_m4HMPhG71LAmRd9VE8YBiYC8grIhtkAg


oko.press

Richter Biliński kehrt zur Arbeit im Strafrecht zurück. Er wurde von der Präsidentin des Amtsgerichts in Warschau verteidigt  

 
Die Präsidentin des Bezirksgerichts in Warschau Joanna Bitner hat am Montag, den 22. Juli, den Richter Łukasz Biliński mit ihrer Entscheidung unterstützt. Sie hob die Entscheidung des Präsidenten des Bezirksgerichts Maciej Mitera ab, der Biliński in die Familienabteilung versetzte.
Präsidentin Bitner erkannte, dass die Entscheidung von Mitera fehlerhaft ist, weil das Kollegium des Amtsgerichts keine Stellungnahme abgegeben hat.
Maciej Mitera, der seit der Ernennung durch Minister Ziobro Präsident des Bezirksgerichts ist, beschloss im Juni, Łukasz Biliński aus seiner derzeitigen Strafabteilung in die Familienabteilung zu verlegen. Er begründete die Entscheidung mit dem Personalmangel in der Familienabteilung. Aber es schien, nur ein Vorwand zu sein.
Die Entscheidung zur Verlegung erfolgte gegen den Willen des Richters.
[…]
Biliński richtete über die Mitglieder der Bewegung Obywatele-RP, die von der Polizei beschuldigt wird, PiS-Veranstaltungen und Demonstrationen von Nationalisten zu blockieren oder vor dem Sejm zu protestieren. In Bezug auf die Verfassung sprach er sie frei und gab ihnen ein weites Protestrecht. Seine Urteile sind berühmt und die Begründungen bedeutsam. Sie werden in die Geschichte eingehen. In scheinbar einfachen Strafverfahren ging es ihm um die Verteidigung verfassungsmäßiger Werte und Menschenrechte. Das konnte den Behörden nicht gefallen.
Aus diesem Grund wurde die Entscheidung von Mitera, Biliński zu versetzen, von allen Juristen in Polen als Beiseiteschiebung eines bekannten und unabhängigen Richters aufgenommen. Er wurde von den Richtern aus der Gesellschaft „Iustitia“, zu denen er gehört, und von der Bewegung Obywatele-RP verteidigt, die zu seiner Verteidigung vor Gericht Streikposten organisierte.
 

Zsfg.: MB

https://oko.press/sedzia-bilinski-wraca-do-spraw-karnych/


natemat.pl

„Ziobro über den LGBT-Terror“. Kurioses Interview mit dem Justizminister für die Karnowski-Brüder

 
Das waren nicht die Worte, die die Polen nach dem schrecklichen Angriff auf den Gleichstellungsmarsch in Białystok vom Justizminister und Generalstaatsanwalt erwartet hatten. In einem Interview für das mit PiS verbundene Portal wPolityce.pl sagte Zbigniew Ziobro, dass… die PO den „schleichenden Anschlag auf die Werte der Polen“ befeuert und „Christianophobie und Intoleranz unterstützt“. „Toleranz soll nur in eine Richtung funktionieren? Sie toleriert kein Widerspruch, wenn Gewissensfreiheit und religiöse Gefühle von Gläubigen verletzt werden. Das ist Heuchelei, die geschickt unter dem Deckmantel von Freiheit und Toleranz verborgen ist. Es riecht sogar nach totalitären Tendenzen“, sagte der Minister, in dem Text, den die Redaktion der Karnowski-Brüder mit folgendem Titel bedachten: „Ziobro über den LGBT-Terror und seinen politischen Hintergrund: Die Bürgerplattform befeuert den schleichenden Anschlag auf die Werte der Polen.“
Bereits der vorangegangene Wahlkampf war von einer Diskussion über moralische Werte und LGBT geprägt. Es scheint, dass die Vereinigte Rechte sich die Wiederholung dieses Erfolges wünscht, das beste Beispiel dafür ist das Interview mit Zbigniew Ziobro. Der Chef des Justizministeriums fährt schwerstes Geschütz auf und schießt damit direkt auf die oppositionelle Bürgerplattform PO. „Die Gefühle der Katholiken werden während der so genannten Gleichstellungsparade auf den von der PO in Warschau regierten Straßen verletzt. Das manifestiert sich in der unverschämten Durchsetzung eines Pseudosexualunterrichts für Kleinkinder“, versucht Ziobro zu überzeugen. Er erinnert daran, dass das gleiche, was in der Hauptstadt passiert, auch in Danzig geschieht. Die von Donald Tusk und Grzegorz Schetyna protegierte Danziger Oberbürgermeisterin Dulkiewicz nahm an einem „Regenbogenpicknick“ teil, bei dem die Fronleichnamsprozession parodiert wurde und das Allerheiligste durch vulgäre Inhalte ersetzt wurde. Erst nach drei Tagen gesamtpolnischer Kritik und Wahlniederlagen der Europäischen Koalition sah sie ein, dass die Gefühle der Katholiken verletzt wurden, ruft Ziobro in Erinnerung.
„Das, was die Bürgerplattform unterstützt, sind Christianophobie und Intoleranz. Die PO befeuert den schleichenden Anschlag auf die Werte der Polen und vor allem auf die Freiheit im Bereich des Gewissens und der Erziehung von Kindern, die durch die Verfassung garantiert wird. Dies ist eine düstere und gefährliche Perspektive, die Folge eines Sieges der Bürgerplattform sein kann“, erklärt der Minister. Zbigniew Ziobro behauptet, dass Jarosław Kaczyński zu Recht betone, dass Polen eine „Festung der Freiheit“ sein müsse. „Wir müssen die Freiheit der Eltern schützen, ihre Kinder zu erziehen. Wir müssen uns gegen die Verführung der Jüngsten und die Verstöße gegen die Gewissensfreiheit der erwachsenen Polen wehren. Die Entscheidung liegt in den Händen der Wähler. Die bevorstehenden Wahlen werden entscheiden, ob die ‚Gute Wende‘ nur gut war oder auch von Dauer.“
 

Zsfg.: AV

https://natemat.pl/279511,zobro-dla-wpolityce-po-podsyca-pelzajacy-zamach-na-wartosci-polakow?fbclid=IwAR1Vf2JbgdmwKd8oEQ2cZviE7lWgJWp5N4BpSF0nzhCvRZ8oLOS0ylgWbFY


Zitat der Woche

Was in Bialystok passiert ist, ist kein Einzellvorfall. Es ist das Ende eines Prozesses. Eines Prozesses, der kalt und vorsätzlich geführt wurde. Kaczyński hetzte gegen LGBT, weil Muslime nicht mehr ausreichen. Und Kaczyński braucht symbolische Feinde, um die Opposition mit ihnen in Verbindung zu bringen. Und die durch pädophile Skandale angegriffene Kirche versucht, sich zu retten mit der Sprache des Hasses gegenüber sexuellen Minderheiten. Sie sind die Autoren der Ereignisse in Bialystok.
Sie sind es, die in Polen den Hass verbreiten. Sie hetzen primitive Menschen gegen Minderheiten. Übrigens auch gegen alle, die mit ihnen nicht einverstanden sind.
Wenn wir uns nicht dagegen aussprechen, wird ganz Polen wie Białystok sein.
 
 Bartłomiej Henryk Sienkiewicz – Historiker, Publizist und Politiker, von 2013 bis 2014 Innenminister und Koordinator der Sonderdienste.
 
Quelle: https://www.facebook.com/468525903637460/posts/636758903480825/



Medienspiegel – in der deutschsprachigen Presse über Polen

tagesspiegel.de
 
Von der Leyen erinnert Polen an Wurzeln der EU
https://www.tagesspiegel.de/politik/antrittsbesuch-in-warschau-von-der-leyen-erinnert-polen-an-wurzeln-der-eu/24700102.html?fbclid=IwAR2D0MfbuDonoVLd7wsI04GdwDzrqrHFjpxs2OSFqw_aBY3Vdv4lIV5Bmeg
 


deutschlandfunknova.de
 
„Ich vermisse den Austausch in Polen”
https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/fremde-heimat-polen-die-journalistin-emilia-smechowski-ueber-die-recherche-in-ihrem-geburtsland?fbclid=IwAR3zIP8tw_-6sQ5CiWld8lYyNkGGw8HOSMnesP4dHvoqUl-ERYI5hMOhSSk
 


jetzt.net
 
Wer in Polen vom Hass auf LGBTQ profitiert
https://www.jetzt.de/gender/wer-in-polen-vom-lgbtq-hass-profitiert
 


deutschlandfunkkultur.de
 
Streit um Polin-Museum in Warschau
https://www.deutschlandfunkkultur.de/kulturkampf-in-polen-streit-um-polin-museum-in-warschau.1013.de.html?dram%3Aarticle_id=454351&fbclid=IwAR06hpOon3yXXYDMNeWgr8n5kc4d-qfsOR9Om4zNKMd5XP-B_29Jr5khRas
 


tagesspiegel.de
 
„Das sollte die Warnlampen angehen lassen”
https://www.tagesspiegel.de/politik/von-der-leyens-aussagen-zur-rechtsstaatlichkeit-das-sollte-die-warnlampen-angehen-lassen/24680742.html?fbclid=IwAR2d1O6Ygg8VrBatKwE-bATXlrL25qJIfjE-3k7xP5knJ2GD3T5hAheb12M



 

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