Pressespiegel 201939 vom 26.09.2019

 

Polen-Pressespiegel 39/2019  vom 26.09.2019

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13. Oktober 2019 –
Die Parlamentswahlen in Polen

BEI DEN PARLAMENTSWAHLEN IN POLEN SIND ALLE BÜRGER AB 18 JAHREN WAHLBERECHTIGT. GEGENWÄRTIG SIND ES ÜBER 30 MILLIONEN MENSCHEN, WAS ÜBER 80% DER BEVÖLKERUNG DES LANDES AUSMACHT.


oko.press

Europäische Kommission: Die Rechtsstaatlichkeit in Polen verschlechtert sich zunehmend, lasst uns das Verfahren nach Art. 7 fortsetzen

Am 16. September 2019 im Rat für Allgemeine Angelegenheiten bei der Generalversammlung der EU-Minister aller EU-Länder legte die Europäische Kommission einen aktualisierten Bericht über die Rechtsstaatlichkeit in Polen vor. OKO.press erreichte das Protokoll der Ratssitzung.
Nach Angaben der Europäischen Kommission verschlechtert sich die Rechtsstaatlichkeit in Polen zunehmend. Die Kommission empfahl, das Verfahren nach Artikel 7 gegenüber Polen fortzusetzen.
 
Wir erinnern: Das Verfahren nach Artikel 7 des Vertrags über die Europäische Union befindet sich in der zweiten von drei Phasen. Die nächste Stufe sieht Sanktionen gegen ein EU-Land vor, bei dem eine systematische Gefährdung der Einhaltung von EU-Werten wie Rechtsstaatlichkeit festgestellt wurde. Zu den Sanktionen kann beispielsweise die Aussetzung des polnischen Stimmrechts in der EU gehören.
 
Die Europäische Kommission über den Skandal im Justizministerium, über die Weigerung, die Unterstützungslisten für den Landesrat für Gerichtsbarkeit (KRS) zu veröffentlichen und über ein System zur Disziplinierung von Richtern
Die Europäische Kommission hat den Ministern der Mitgliedstaaten von einer verleumderischen, hasserfüllten Kampagne gegen polnische Richter berichtet, welche die Änderungen in der Justizverwaltung kritisieren. Sie stellte fest, dass an diesem Verfahren hochrangige Beamten, einschließlich des stellvertretenden Justizministers, sowie Richter, die im Landesrat für Gerichtsbarkeit und in der Disziplinarkammer des Obersten Gerichtshofs sitzen und vom Justizminister befördert werden teilnahmen.
Die Kommission war insbesondere besorgt darüber, dass die Angriffe gegen Richter verübt wurden, die es wagten, die Kommission über ihre Bedenken hinsichtlich der Rechtsstaatlichkeit in Polen zu informieren.
Die Kommission informierte auch über die anhaltende Weigerung der Kanzlei des Sejms, die Unterstützungslisten für den Landesrat für Gerichtsbarkeit zu veröffentlichen. Sie merkte an, dass dies trotz der Urteile des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts und des Obersten Verwaltungsgerichts geschah.
Sie wies auch darauf hin, dass sie von der polnischen Regierung einen Bericht über die Empfehlungen zu Änderungen im Disziplinarwesen für Richter erwarte.
 
Die polnische Regierung spielt ihre Verdienste hoch und schmälert den Skandal im Justizministerium als eine Episode
Als Reaktion darauf stimmte die polnische Regierung der Kommission zu, dass eine diffamierende Kampagne gegen Richter inakzeptabel sei, und betonte die rasche Reaktion auf den Skandal im Justizministerium, einschließlich der Entlassung des stellvertretenden Ministers Piebiak und einer Gruppe anderer an dem Skandal beteiligter Richter. Justizminister Zbigniew Ziobro kündigte Gesetzesänderungen an, die eine bessere Klärung derartiger Fragen ermöglichen. Er versuchte auch, den Skandal als eine einzigartige Episode herunterzuspielen. Er verteidigte entschieden Änderungen im Disziplinarwesen für Richter.
 
Artikel 7, der politische Weg zur Verteidigung der Rechtsstaatlichkeit in Polen
Der Artikel 7 wurde am 20. Dezember 2017 zum ersten Mal in der Geschichte der Europäischen Union gegen Polen eingeleitet.
Das Verfahren besteht aus drei Schritten. Der erste, definiert im Artikel 7 Absatz 1, bedeutet die Sendung einer offiziellen Verwarnung an ein EU-Land. Der zweite, im Artikel 7 Absatz 2, bedeutet die Feststellung eines schwerwiegenden und anhaltenden Verstoßes gegen die EU-Werte durch den Mitgliedstaat, die in Artikel 7 Absatz 2 des EU-Vertrages niedergelegt sind. Der dritte, im Artikel 7 Absatz 3, sieht Sanktionen vor, wie die Aussetzung des polnischen Stimmrechts in der Europäischen Union.
Im März 2018 stimmte das Europäische Parlament für den Übergang zur zweiten Verfahrensstufe und leitete Artikel 7 Absatz 2 gegen Polen ein.
 
Wir publizieren die Positionen der polnischen Regierung und der Europäischen Kommission im Streit um die Rechtsstaatlichkeit
Im Juni 2018 berichteten wir, dass die polnische Regierung mit Hilfe eines „Weißbuchs“, einem inoffiziellen Dokument, das eine Reihe von Manipulationen in Bezug auf Änderungen in der Justiz enthielt, versuchte, von der „Unangemessenheit“ der Durchführung des Verfahrens nach Artikel 7 gegenüber Polen zu überzeugen. Prof. Łętowska kommentierte damals diese ungeschickten Bemühungen der Behörden: „Die Summe von Halbwahrheiten ergibt keine Wahrheit.“
Nach dem diplomatischen Fiasko des „Weißbuchs“ beschloss die polnische Regierung auf einer Tagung des Rates für Allgemeine Angelegenheiten Ende Juni 2018 eine aggressivere Taktik. Selbstverteidigung durch Angriffe auf die EU-Institutionen und Mitgliedstaaten. Der hochmütige Ton brachte jedoch nicht die von den polnischen Behörden gewünschte Wirkung.
Darüber hinaus hat das Europäische Parlament im September 2018 beschlossen, das Verfahren nach Artikel 7 auch gegenüber Ungarn einzuleiten.
Im Dezember 2018 gab OKO.press die Position der Europäischen Kommission bekannt, die für das nächste Treffen der Minister für europäische Angelegenheiten vorbereitet wurde. Die EG stellte fest, dass in Bezug auf das Verfassungsgericht, auf den Landesrat für Gerichtsbarkeit, auf die Kammern des Obersten Gerichtshofs, auf die Rekrutierungen zum Obersten Gerichtshof, auf das Disziplinarverfahren und auf die außerordentliche Überprüfung keine Fortschritte oder sogar Rückschritte zu verzeichnen waren.
Die polnische Regierung setzte sich jedoch weiterhin hartnäckig für Veränderungen in der Justiz ein. In zunehmend arroganter Weise. Im Januar 2019 schlug die Regierung der Kommission im Bericht über die Umsetzung der EG-Empfehlung vor, dass sie die polnische „Justizreform“ nicht verstehe und einen schlechten Willen zeige, indem sie die Beschwerde über das Gesetz zum Obersten Gericht vom EuGH nicht zurückziehe. Die polnische Regierung stellte übertrieben die Zugeständnisse dar, die sie aufgrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs gemacht hatte, bezüglich Maßnahmen, die die Vollstreckung des Urteils in der Beschwerde der Europäischen Kommission gegen die Bestimmungen des Gesetzes über den Obersten Gerichtshof sicherstellen sollten. Anfang 2019 forderte die Regierung von Mateusz Morawiecki die Beendigung des Verfahrens aufgrund Artikel 7 und keine politische Diskussion über Änderungen an polnischen Gerichten.
Das Verfahren nach Artikel 7 wird mit Polen fortgesetzt.
Parallel zu politischen Maßnahmen sind zudem Gerichtsverfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Union anhängig. Sie haben sich als wirksamer bei der Wahrung der Rechtsstaatlichkeit erwiesen.
Die Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission bereiten sich aufgrund ihrer eigenen Verspätung bei der Einleitung von Artikel 7 gegen Polen und Ungarn und der geringen Wirksamkeit dieses Verfahrens auf eine Reform vor. Am 3. April 2019 kündigte die Europäische Kommission unter der Leitung von Jean-Claude Juncker die Notwendigkeit an, die Mechanismen für den Schutz der Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten zu überprüfen und zu reformieren. Am selben Tag leitete die Europäische Kommission das dritte Verfahren gegen Polen nach Art. 256 wegen Verstoßes gegen EU-Recht durch das Disziplinarrechtssystem. Die EK ist im Juli in die zweite Phase des Verfahrens gegen Polen eingetreten.
[…]
 
Der Gerichtsweg erwies sich als effektiver
OKO.press veröffentlichte als erste 2018 Analysen von Anwälten der Universität Warschau, die argumentierten, dass die von der PiS angestrebten Änderungen in der Gerichtsbarkeit durch das wichtigste EU-Gericht, das heißt, den Gerichtshof der Europäischen Union, gestoppt werden könnten.
Im Mai 2018 erklärte Dr. Piotr Bogdanowicz, dass die Europäische Kommission Polen vor dem Gerichtshof der Europäischen Union wegen Verstoßes gegen das EU-Recht durch das Gesetz über den Obersten Gerichtshof verklagen könne. So ist es auch geschehen. Die Kommission beschwerte sich beim EuGH über das Gesetz zum Obersten Gericht. Im Oktober 2018 erließ der Gerichtshof eine Entscheidung über die Anwendung einstweiliger Maßnahmen zur Gewährleistung der Vollstreckung des Urteils. Infolgedessen kehrten Richter, einschließlich der Ersten Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, an den Obersten Gerichtshof zurück. Das Gesetz über den Obersten Gerichtshof wurde ebenfalls geändert, wobei einige der durch die herrschende Mehrheit eingeführten Änderungen zurückgezogen wurden. Am 24. Juni 2019 erließ der Gerichtshof ein wegweisendes Urteil, in dem er feststellte, dass die von der EK beanstandeten Bestimmungen des Gesetzes zum Obersten Gerichtshof mit dem EU-Recht unvereinbar waren.
Im Mai 2018 ermutigte Dr. Maciej Taborowski Richter in OKO.press, die Rechtsstaatlichkeit in Polen auf dem „Luxemburger Weg“ zu verteidigen und die Fragen der Richter dem Gerichtshof in Luxemburg zur Vorabentscheidung vorzulegen. Die Richter reagierten auf den Aufruf. Der EuGH prüft mehrere Fragen, die der Oberste Gerichtshof, das Oberste Verwaltungsgericht und die Richter der gemeinsamen Gerichte zur Vorabentscheidung vorgelegt haben. Die Fragen betreffen unter anderem den Status des neuen Landesrats für Gerichtsbarkeit und der Disziplinarkammer beim Obersten Gerichtshof, einem neuen Disziplinarverfahren für Richter. Am 24. September werden wir die Stellungnahme des EuGH-Sprechers zu Fragen von Richter Igor Tuleya und Richterin Ewa Maciejewska hören.
 
Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wird die Änderungen in den Gerichten bewerten
Änderungen in den Gerichten werden nicht nur vom Gerichtshof der Europäischen Union mit Sitz in Luxemburg beurteilt.
PiS-Gerichtsreformen werden auch vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte mit Sitz in Straßburg bewertet. Das ist das wichtigste Organ, das den Schutz der Menschenrechte in den Ländern des Europarates kontrolliert. Es wird geprüft, ob Polen gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt.
Das Straßburger Tribunal wird mehrere Beschwerden gegen Polen wegen Änderungen des Verfassungsgerichts, des Landesrats für Gerichtsbarkeit und der Abberufung von Gerichtspräsidenten durch Justizminister Zbigniew Ziobro entscheiden.
 
Polnische Probleme mit der Rechtsstaatlichkeit bieten europäischen Anwälten reichhaltiges Material zum Nachdenken. Bei OKO.press werden wir die Verhandlungslisten sowohl in Luxemburg als auch in Straßburg sowie die politischen Diskussionen in der EU gemäß Artikel 7 weiterhin genau verfolgen.

Zsfg.: JP

https://oko.press/komisja-europejska-z-praworzadnoscia-w-polsce-coraz-gorzej-kontynuujmy-procedure-z-art-7-ujawniamy/?fbclid=IwAR0Aptt1IkfaYoQSVfY8Qi1-JAhbavVBKdkYxgMUKQcEZaunif5ymnfbKgE

rp.pl

Die PiS will den Beruf des Journalisten „regeln“

Das neue Gesetz über den Status von Journalisten würde sie einer neuen Berufskammer unterstellen, die für ihre ethischen und professionellen Standards sorgen soll.
Bedeutet diese kurze Ankündigung, die sich auf Seite 196 des PiS-Programms befindet, dass widerspenstige Journalisten, die dieser Partei gegenüber negativ eingestellt sind, nach den Wahlen mit dem Verlust des Journalistenstatus und der daraus resultierenden Folgen rechnen müssen? Dies betrifft auch die sich aus dem Presserecht ergebende Möglichkeit, Informationen von öffentlichen Institutionen anzufordern oder Informationen über die Identität ihrer Informanten zu schützen.
Wie es bei Ankündigungen der PiS üblich ist, ist der Vorschlag sehr vieldeutig. Die neue Berufskammer, die die Arbeit von Journalisten beurteilen soll, insbesondere von diejenigen, die gegen ethische und berufliche Standards verstoßen, solle das Recht haben, darüber zu entscheiden, wer das Recht hat den Beruf auszuüben. Dies deutet im Übrigen auf funktionierende Lösungen bei anderen Berufen des öffentlichen Vertrauens wie Anwälten und Ärzten hin.
„Der Vorschlag kommt 30 Jahre zu spät“, glaubt Marcin Lewicki von der Fakultät für Journalismus, Information und Bibliothekswesen der Universität Warschau, Mitglied des Presseclubs Polen. Das ist heute nicht machbar. Selbstverständlich können die Vorschriften zur Schaffung einer professionellen Berufskammer für Journalisten auch rasch verabschiedet werden. Ich würde es jedoch als Versuch ansehen, den Zugang zum Journalistenberuf einzuschränken. Reglementierte Berufe können in der Regel die Personen ausüben, die das entsprechende Studium abgeschlossen haben, zahlreiche Aufnahme- und Berufsprüfungen bestanden haben, um die entsprechenden Rechte zu erhalten. Es ist überraschend, dass eine solche Initiative von einer Partei ausgeht, die bislang eine Deregulierung vieler Berufe vorgeschlagen hat.
„Ich habe gemischte Gefühle“, sagt Prof. Ewa Nowinska, Leiterin der Abteilung für Wettbewerbsrecht und Massenmedien an der Jagiellonen-Universität. „Im Zeitalter der Online-Medien wäre es sinnvoll, diesen Beruf zu regulieren. Heute ist als Journalist jeder Mensch zu betrachten, der nach Art. 7 des Presserechts für und gemäß Weisung einer Redaktion handelt. In der Praxis stellt sich daher häufig das Problem, wer Journalist ist und wer nicht. Wir sind außerdem Zeugen des Untergangs des Berufsethos. Meine Zweifel werden jedoch durch die Frage aufgeworfen, wer und zu welchen Bedingungen zu diesem Beruf jemanden zulassen oder ablehnen soll. Was ist, wenn ein Journalist einmal einen Fehltritt begeht? Wird er lebenslang das Recht verlieren, ein Journalist zu sein?“, fragt die Professorin.
Gemäß Vorschlag der PiS würde die neue Berufskammer einen qualitativ hochwertigen journalistischen Beruf garantieren, wodurch der umstrittene Art. 212 des Strafgesetzbuches (Verleumdung) aufgehoben werden kann. Diese Bestimmung sieht sogar eine einjährige Haftstrafe für die Verleumdung durch Massenmedien vor. Die neuen Bestimmungen würden sicherstellen, „dass Medien nicht auf eine unethische Weise missbraucht werden.“

„Diese Bestimmung sollte ohnehin aus dem Strafgesetzbuch verschwinden, da der Vorwurf der Diffamierung sehr leicht gegen eine Person mit anderen Ansichten erhoben werden kann“, glaubt Prof. Nowinska. „Es reicht aus, dass die ethischen Grundsätze von Journalisten durch die Bestimmungen zum Schutz persönlicher Interessen geregelt werden“.

Zsfg.: MB

https://www.rp.pl/Prawo-prasowe/309149968-PiS-chce-uregulowac-zawod-dziennikarza.html?fbclid=IwAR36c4dfyo0B1SNMuyfX6MttR_Lzvz3bDIgPjj5F5waS4UoNxxocpcb87Pw

krytykapolityczna.pl

Der politische Zynismus der Polen. Bericht über soziologische Forschungen
 
Der Bericht mit dem Titel „Der politische Zynismus der Polen“ ist das Ergebnis einer Sozialforschung, die im Juli und August 2019 von Przemysław Sadura und Sławomir Sierakowski durchgeführt wurde. Die Autoren diagnostizieren einen weit verbreiteten Zynismus unter den Wählern einer jeden Option bei der Bewertung von Politikern, zeigen die Unterschiedlichkeit der Beziehungen zwischen den Parteien und ihren jeweiligen Anhängern und das Potenzial ihrer Unterstützung, die Unterschiede in der Weltanschauung bei den Wählern der PiS, der PO und der Linken sowie – anders als die stereotypen Annahmen – die unterschiedlichen Formen, wie sie Informationsquellen nutzen. Der gesamte Bericht hat 54 Seiten und liegt bislang nur in polnischer Sprache vor.
Eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse:
Polnische Wähler behandeln Politiker zynisch. Sie sehen ihre Mängel und ihr pathologisches Verhalten gut, aber sie akzeptieren es, solange die Partei, die sie unterstützen, ihre Wünsche oder Interessen erfüllt. PiS – wenn sie sich der Großstadt widersetzt, die Elite sozial verachtet oder großzügige Sozialtransfers garantiert. PO – wenn sie ihnen in Europa keine Schande macht, sich um das Wirtschaftswachstum und demokratische Freiheiten kümmert.
Die Obergrenze für eine mögliche Unterstützung der PiS liegt bei über 50 Prozent, und die Wähler dieser Partei empfinden mit ihr eine starke Identifikation – ganz anders als die Wähler der PO, die keine starke Bindung zu ihrer Partei aufgebaut haben. Die politische Spaltung in Metropolregionen und Provinz schadet der größten Oppositionspartei, da die Wählerschaft sich in liberalere, großstädtische und kulturell konservativere in kleineren Städten teilt. Darüber hinaus ist die Verteilung der Ansichten der Wähler der PO und der Linken sehr ähnlich, unterscheidet sich aber grundlegend von denen der PiS.
Die Wähler der PiS sind keine passiven Opfer der Propaganda in den öffentlich-rechtlichen Medien – fast die Hälfte von ihnen hält sie für einseitig. Häufiger als die PO-Wähler erklären sie, Nachrichtensendungen verschiedener Fernsehsender zu sehen, während die Anhänger der Opposition viel stärker mit den Überlieferungen des Senders TVN verbunden sind.
Das Problem der Pädophilie und anderer Missbräuche in der katholischen Kirche wird von vielen Wählern der PiS wahrgenommen, sie halten den berühmten Film der Sekielski-Brüder für glaubwürdig. Seine Veröffentlichung mobilisierte sie nicht, für die PiS zu stimmen – im Gegensatz zu den Thesen von z.B. PSL-Politikern, aber sie schadete der Partei auch nicht. Die Sünden der Kirche schaden der Kirche selbst, beeinträchtigen aber nicht die politischen Entscheidungen der Anhänger der Regierung.
Die Anhänger von Kaczyński möchten keine verfassungsändernde Mehrheit für ihn und sehen einen Nutzen in der Existenz der Opposition; sie verstehen jedoch nicht die Notwendigkeit, die Macht der PiS durch institutionelle Mechanismen zu begrenzen. Dadurch kann die Partei auch gegen die Absichten ihrer eigenen Wähler die volle uneingeschränkte Macht erlangen.
In der aktuellen Situation steht Polen vor drei möglichen Szenarien: das „ungarische“, in dem die PiS die verfassungsändernde Mehrheit gewinnt und effektiv der Opposition die Möglichkeit eines Machtwechsels versperren kann; das „slowakische“, bei dem die Antwort auf eine Krise der Regierung ein linker Populismus basierend auf den Ausbau eines Wohlfahrtsstaates wäre; schließlich die „bayrische“ Variante, bei der die PO in einer breiten Koalition bestimmte Zugeständnisse im Bereich der Frauenrechte oder der Besteuerung der Kirche macht, während der Wohlfahrtsstaat in einer konservativeren Variante erhalten bleibt.

Zsfg.: AV

https://krytykapolityczna.pl/kraj/polityczny-cynizm-polakow-raport-z-badan-socjologicznych/?fbclid=IwAR35fOy280_NXDyKH1_R4D8xKuKkCyAXSizIgJcR5XoVvhExlk7eCO0XBiI

rp.pl

Die Vereinten Nationen fordern Polen auf, das Nationale Radikale Lager (ONR) und die Allpolnische Jugend zu verbieten
 
Die Vereinten Nationen fordern von Polen einen zusätzlichen Bericht über die Bekämpfung von Rassismus und fordern ein Verbot von Gruppen wie das Nationale Radikale Lager (ONR) und die Allpolnische Jugend, die Rassismus und Diskriminierung aufgrund der Nationalität fördern.
„Der Ausschuss appelliert an den Vertragsstaat, eine wirksame Durchsetzung von Gesetzen zu gewährleisten, dass Parteien oder Organisationen, die Rassendiskriminierung fördern oder anstiften, verboten werden können. Es gehören dazu: die Nationale Bewegung, das Nationale Radikale Lager, die Allpolnische Jugend, die Falanga, (…) Vereinigung Stolz und Modernität“, so die Erklärung des von TVN24 zitierten Komitees zur Beseitigung von Rassendiskriminierung (CERD).

Die CERD-Erklärung ist eine Antwort auf den Bericht, den die polnische Delegation den Vereinten Nationen vorgelegt hat. Man versichert darin, dass Polen Diskriminierung und Rassismus bekämpft.
Trotzdem äußerte der Ausschuss der Vereinten Nationen Besorgnis über die Lage in Polen und gab Warschau ein Jahr Zeit, um einen zusätzlichen Bericht zu erstellen. Darin soll die Regierung nachweisen, dass sie die UN-Empfehlungen umgesetzt hat.

Laut Konrad Dulkowski von der Beobachtungsstelle für fremdenfeindliches und rassistisches Verhalten in einem Interview mit TVN24 ist ein Verbot des Nationalen Radikalen Lagers (ONR) für die PiS-Regierung „politisch unbequem“, was sich durch die Einstellung der Ermittlungen oder durch das Zurückziehen bereits vorbereiteter Anklagen gegen Aktivisten dieser Organisation äußert.

Zsfg.: JP

https://www.rp.pl/Spoleczenstwo/190919208-ONZ-wzywa-Polske-do-delegalizacji-ONR-i-Mlodziezy-Wszechpolskiej.html?fbclid=IwAR0pxp5m2Shzi8uO_UD1zgaVllOWpc5xEDUcAnEtlNvokLmOcFDZRGBcg8k

gazeta.pl

Die PiS will die Regeln zur Inhaftnahme von Abgeordneten ändern. Die Partei nahm dies in ihr Programm auf

Im Falle einer Mehrheit nach den Wahlen kündigt die PiS Verfassungsänderungen in Bezug auf Abgeordnete und Senatoren an. Parlamentarier könnten dann auf der Grundlage einer auf Ersuchen des Generalstaatsanwalts ergangenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs verfolgt sowie inhaftiert oder festgenommen werden.
Die von der PiS angekündigten Änderungen wurden im Programm der Partei mit dem Titel „Das polnische Modell des Wohlfahrtsstaates“ veröffentlicht. Dies sind einige spezifische Verfassungsbestimmungen, die die Abgeordneten betreffen.
Das grundsätzliche Gesetz sieht aktuell vor, dass „ab dem Tag der Bekanntgabe des Wahlergebnisses bis zum Ablauf des Mandats ein Abgeordneter ohne Zustimmung des Sejms nicht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden darf“. Die Verfassung erlaubt auch die Aussetzung eines Verfahrens, das vor den Wahlen eingeleitet wurde, bis zur Beendigung des Mandats.
„Ein Abgeordneter darf ohne Zustimmung des Sejms nicht inhaftiert oder verhaftet werden, es sei denn, er wird im Rahmen einer Straftat festgenommen und seine Inhaftierung ist erforderlich, um den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens zu gewährleisten. Der Marschall des Sejms wird unverzüglich über die Inhaftierung informiert. Er kann die sofortige Freilassung der inhaftierten Person anordnen“, heißt es ebenfalls in der Verfassung.
Die PiS will aber, dass ein Abgeordneter oder Senator auf ein Ersuchen des Generalstaatsanwalts, das an den Obersten Gerichtshof gerichtet wurde, strafrechtlich zur Verantwortung gezogen sowie inhaftiert oder festgenommen werden kann.
Das Programm der Partei zeigt, dass der Generalstaatsanwalt, bevor er den Antrag beim Obersten Gerichtshof einreicht, den Fall dem Präsidium des Sejms und der Disziplinarkommission des Sejms vorlegen muss. Wenn beide Gremien Einwände erheben, können sie den Bürgerbeauftragten auffordern, dem Sejm oder dem Senat die endgültige Entscheidung über den jeweiligen Abgeordneten zu befehlen.
„In dieser Situation kann die Kammer mit der absoluten Mehrheit ihrer gesamten Zusammensetzung über die Verhaftung entscheiden“, heißt es im Programm.
„Anträge des Generalstaatsanwalts entsprechen der aktuellen Rechtslage. Die Änderung besteht darin, wer den Antrag prüfen soll. Wir schlagen vor, dass es nicht die Politiker selbst sind (der Sejm), sondern der Oberste Gerichtshof“, kommentierte der Staatssekretär im Justizministerium, Sebastian Kaleta, auf Twitter.
Die PiS will auch die Immunität von Richtern und Staatsanwälten aufheben, „vorbehaltlich eines besonderen Verfahrens für den Fall, dass ein Strafverfahren gegen einen Richter oder Staatsanwalt eingeleitet wird“.
„Entscheidungen zur Einleitung einen Verfahrens kann die Generalstaatsanwaltschaft treffen, zur vorläufigen Festnahme der Oberste Gerichtshof“, so steht es im PiS-Wahlprogramm.

Zsfg.: MB

http://wiadomosci.gazeta.pl/wiadomosci/7,114884,25192668,pis-chce-zmian-dotyczacych-aresztowania-poslow-wniosek-mialby.html?fbclid=IwAR3IKe1uBm7-lvGndoBmwiffFD9f6_ME2bvLRQ-fQ9wboSUZ2b8JYhd4mqw

natemat.pl

Warum glaube ich Jarosław Kaczyński
 
Ein Kommentar der Publizistin Eliza Michalik

Jarosław Kaczyński ist einer der wenigen polnischen Politiker, der in der Lage ist, die Wahrheit zu sagen. Meistens, wenn er über etwas sehr verärgert ist – was Donald Tusk und seine Mannschaft in der Vergangenheit geschickt benutzt haben, um den Vorsitzenden der PiS mit Bemerkungen über die Smolensk-Katastrophe aus dem Gleichgewicht zu bringen – und es hat immer funktioniert. Denn Kaczyński, einmal aus dem Gleichgewicht gebracht, sagt, was er wirklich denkt – so haben wir zum Beispiel von den „verräterischen Fressen“ erfahren, und deshalb haben ihn die beunruhigten Abgeordneten im Sejm mit einem Kordon fest umzingelt, als er kurz davor war zu explodieren. Dies ist kein gutes Zeugnis für Jarosław Kaczyński weder als Mensch noch als Politiker, aber es ist wertvoll, weil es – unter gewissen Umständen – erlaubt, herauszufinden, was der Vorsitzende der PiS wirklich denkt. Und dieses Wissen ist unbezahlbar, wenn man bedenkt, dass er die wichtigste Person des Staates ist, noch wichtiger und mit mehr (wenn auch informeller) Macht als der Präsident und der Premierminister. Deshalb habe ich mir die letzte Rede von Jarosław Kaczyński aufmerksam angehört und darum glaube ich ihm.
Ich weiß, dass der Vorsitzende der PiS genau das tun wird, was er ankündigt, fast direkt, und er wird nicht einmal versuchen, einen schlechten Eindruck abzumildern. Ich weiß, dass die PiS, wenn sie die Wahlen zum zweiten Mal gewinnt, eine rücksichtslose national-katholische Diktatur einführen wird. Ich weiß, dass alle Kritiker der Regierung als „Nihilisten“ betrachtet werden und unter diesem Vorwand deren ziviles Leben zerstört wird, so wie das öffentlich-rechtliche Fernsehen TVP und die nationalen Medien bereits jetzt jeden zerstören, der die Regierung kritisiert: brutal, persönlich, gnadenlos, indem sie Kompromittierungen ans Tageslicht zerren oder fabrizieren, moralische, familiäre und andere, letztendlich, wenn es nichts über jemanden gibt, sich auf Demütigung, Spott und Entmenschlichung beschränkend. Ich weiß, dass, um die Feinde der PiS zu vernichten, der Vorwurf des „inneren Antipolonismus“ (was übrigens so klingt, als entstamme es direkt aus einer Rede von Gomułka) verwendet wird, wegen des gefährlichen inneren Antipolentums, das sich überall ausbreitet, besonders unter einigen Leuten aus Kultur und Kunst, also auch aus der Medienlandschaft, so sagte es Jarosław Kaczyński. Er fügte noch hinzu, dass die Freiheit von niemandem eingeschränkt würde, solange jemand nicht die gesetzlichen Normen und – Achtung, Achtung! – die Normen des Anstands überschreitet.
Man muss kein begabter Wahrsager oder Hellseher sein, um zu verstehen, was solche Ankündigungen bedeuten, oder? Das Schlimmste ist, dass die Rede von Kaczyński uns unsere eigene Unempfindlichkeit aufzeigte, ja sogar die der Medien, denn niemand bemerkte, dass sie extrem hetzerisch war. Der Parteichef der PiS hat in dieser Rede wiederholt jemanden gedemütigt und griff ganze Gruppen von Bürgern an, zum Beispiel Atheisten, alleinstehende Mütter, Menschen, die in informellen Beziehungen leben. Er beleidigte, beraubte sie von Werten und Bedeutung, verkleinerte sie. Nur er, seine Partei, ihre Unterstützer und die offen die PiS unterstützende polnische katholische Kirche wurden in dieser Rede gelobt. Der Rest, d.h. die überwiegende Mehrheit der Polen, die weder die PiS noch religiösen Fanatismus unterstützt, erschien darin als eine Gruppe von Menschen ohne Gewissen, Bedeutung, Würde, nicht würdig für Aufmerksamkeit oder Respekt. Der Respekt vor unterschiedlichen Ansichten, eine normale demokratische Vielfalt von Ansichten wurde als unmoralischer und inakzeptabler Nihilismus definiert.
Ich bin nicht besorgt über Meinungsverschiedenheiten und Anschauungen, ich bin nicht besorgt über Konservative, auch nicht über extreme, oder darüber, dass eine rechtsnationale Partei die Wahlen gewonnen hat und ihr Programm umsetzt. Ich bin besorgt über Hass und Verachtung, über Propaganda-Geschwätz im Stil des „Kampfes gegen den internen Antipolonismus“ und über offen geäußerte Verachtung ganzer sozialer Gruppen – denn das sind keine neuen Dinge in der Geschichte und deshalb wissen wir, dass es keinen einzigen Grund dafür gibt, dass das gut enden wird. Ja, ich habe die Rede von Jarosław Kaczyński aufmerksam verfolgt, und dann habe ich sie der Gewissheit halber zweimal gelesen, und – ich schreibe das mit vollem Bewusstsein – seine Worte klangen für mich äußerst bedrohlich und gefährlich.

Zsfg.: AV

https://natemat.pl/284381,kaczynski-o-rodzinie-nihilizmie-oto-dlaczego-trzeba-mu-wierzyc?fbclid=IwAR3tjS_eI87b9RzpXwUoOtnmEMeFV28XW-HbPrlrSy66V0RfSGrLm4cJXBo

                                                                        ZITAT DER WOCHE

„Kürzlich in Lublin sagte ich, dass fast jeder als Frau oder als Mann geboren wird. Nach dieser Rede hatte ich die Gelegenheit, mit Ärzten zu sprechen, und sie erklärten mir etwas, was ich nicht wusste. Es ist so, dass jeder als Mann oder als Frau geboren wird. Der Unterschied ist auf zellularer Ebene sehr leicht festzustellen. Bereits auf der Zellebene einer Frau und eines Mannes ist es leicht festzustellen, was wem gehört.“

Jarosław Kaczyński – Der Vorsitzender der Partei Prawo i Sprawiedliwość (PiS)

Quelle: https://wiadomosci.radiozet.pl/Polska/Polityka/Wybory-parlamentarne-2019/Jaroslaw-Kaczynski-w-Lodzi-na-konwencji-PiS-o-rodzinie-i-normalnosci?fbclid=IwAR3xYBr2h6NFsENeO99gigXNL-AczDYtRTEfvjkK0hbc3g7b2Jkr8CvFFKg

                      MEDIENSPIEGEL – IN DER DEUTSCHSPRACHIGEN PRESSE ÜBER POLEN 
zeit.de.de
 
Polen baut eigene Cyber-Armee auf
https://www.zeit.de/news/2019-09/12/polen-baut-eigene-cyber-armee-auf?fbclid=IwAR0Ai5egOnZP1BvxmZqnDFC-8IRoRUsuTgNXu0euld__Rp-KrsqpzYdfNXU
 


zdf.de
 
Wahlkampf auf Kosten der Anderen
https://www.zdf.de/nachrichten/heute/harter-wahlkampf-in-polen-100.html?fbclid=IwAR2F9SEsmgMfNNV5AVNY4v9fdIed3Zc1SRHP8h_v9kYx-3zlz71QXtq_pqA
 


forumdialog.eu
 
Es ist schwer, in einer Welt ohne Stereotype zu leben
https://forumdialog.eu/2019/09/17/es-ist-schwer-in-einer-welt-ohne-stereotype-zu-leben-gespraech-mit-steffen-moeller/?fbclid=IwAR04JHHrVLgJ64xWZET2kkjky1aw3LDhdvfN6AJ-4vBMcTq4GQJ5JAoRyik
 


taz.de
 
Hier wird jeder gebraucht
https://taz.de/Die-zweite-Pride-Parade-in-Stettin/!5625988/?fbclid=IwAR214UKLQo3m1osguRIAjfgkiEq8LYlylZxgaAxVOEUB2kyw7phRG-Mlex0
 


zeit.de
 
Steinmeier weist polnische Forderungen nach Reparationen zurück
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-09/bundespraesident-frank-walter-steinmeier-reparationen-polen?fbclid=IwAR20sNaYIaLdSIj1MWR8BO7A8b_kfWRQ64aZxKuzK2mFxkKgazMB9VobN1g

 DEKODER auf Deutsch
 https://dekoder.com.pl/deutsch-artikel/

 DIALOG FORUM – Perspektiven aus der Mitte Europas
 https://forumdialog.eu/

 POLEN und wir – älteste Zeitschrift für deutsch-polnische Verständigung
 http://www.polen-und-wir.de/
REDAKTION:
Małgorzata Burek | Jerzy Paetzold
Christel Storch-Paetzold | Andreas Visser | Krzysztof Wójcik
Layout: Małgorzata Nierhaus