Pressespiegel 201942 vom 17.10.2019

 

Polen-Pressespiegel 42/2019  vom 17.10.2019

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Die Parlamentswahlen 2019 in Polen – 
ERGEBNISSE
die Partei Prozent Stimmen Mandate
1  Prawo i Sprawiedliwość 43,59 8.051.935 235
2  Koalicja Obywatelska 27,40 5.060.355 134
3  Lewica 12,56 2.319.946 49
4  Polskie Stronnictwo Ludowe 8,55 1.578.523 30
5  Konfederacja 6,81 1.256.953 11
6  die deutsche Minderheit 1

 

wyborcza.pl

„Es ist bei mir immer noch nicht angekommen“, sagt uns Olga Tokarczuk einen Moment nach der Nachricht über den Literaturnobelpreis 2019

 

Olga Tokarczuk gewinnt den Nobelpreis für Literatur. In diesem Jahr verlieh die schwedische Akademie zwei Preise. Der zweite ging an den österreichischen Schriftsteller Peter Handke.

Olga Tokarczuk erfuhr von ihrer Auszeichnung mit dem Literaturnobelpreis 2019 auf einer Autobahn in Deutschland. Sie ist dort auf einer Werbetour. In einem Telefongespräch mit der „Gazeta Wyborcza“ sagte sie: „Als ich es erfuhr, musste ich anhalten. Es ist bei mir immer noch nicht angekommen. Ich freue mich auch sehr, dass Peter Handke, den ich sehr schätze, mit mir die Auszeichnung erhalten hat. Es ist großartig, dass die schwedische Akademie die Literatur aus Mitteleuropa schätzt. Ich bin froh, dass wir noch präsent sind.“

Olga Tokarczuk ist Nobelpreisträgerin. Es wurde bekannt gegeben am Donnerstag von Mats Malm, Sekretär der preisgekrönten schwedischen Akademie. Die polnische Schriftstellerin wurde für das Jahr 2018 offiziell mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Sie erhielt den Preis für „narrative Imagination, die mit enzyklopädischer Leidenschaft das Überschreiten von Grenzen als Lebensform zeigt“. Der zweite Gewinner für das Jahr 2019 wurde Peter Handke für seine „einflussreiche Kreativität, die die Peripherie und Spezifität der menschlichen Erfahrung mit Sprachgenie erforscht“.

Uns die Silhouette Olga Tokarczuks näherbringend betonten die Mitglieder der Akademie, dass ihr Roman „Prawiek i inne czasy“ [deutsch „Ur und andere Zeiten“] den Durchbruch gebracht hat. Der Roman ist „ein hervorragendes Beispiel der polnischen Literatur nach 1989“. Wie sie hinzufügten, „sieht die Autorin die Realität niemals als etwas Dauerhaftes und ein für alle Mal Gegebenes. Ihre Romane bauen auf der Spannung zwischen kulturellen Widersprüchen auf: Natur versus Kultur, Vernunft versus Wahnsinn, Mann versus Frau, Heimat versus Entfremdung.“ Das Nobelkomitee war beeindruckt von ihrem noch nicht auf Englisch veröffentlichten Roman „Księgi Jakubowe“ [deutsch „Die Jakobsbücher“], der ein wenig bekanntes Kapitel der europäischen Geschichte erzählt.

Olga Tokarczuk wurde 1962 in Sulechów geboren. Sie ist zwischen Büchern aufgewachsen, sie ist die Tochter eines Polnischlehrers und Bibliothekars. Sie begann als Teenager zu schreiben. Nach Studienabschluss arbeitete sie als Psychologin. „Schreiben war damals ein beschämendes Hobby für mich“, erinnerte sie sich.

In den späten 1980er Jahren reiste sie nach London. Dort wagte sie es, erneut zu schreiben. Sie beendete ihre erste Erzählung und nach ihrer Rückkehr auch ihren Debütroman „Podróż ludzi Księgi“ (1993). Berühmt wurde sie durch ihr drittes Buch, „Ur und andere Zeiten“. Mit diesem Buch stand sie im Jahr 1997 im Nike-Finale und bekam den Nike-Leser-Preis. Sie gewann den „Passport“ der Zeitschrift „Polityka“ und den Preis der Stiftung Kościelski. Den Nike-Leser-Preis erhielt sie noch vier Mal: für „Dom dzienny, dom nocny“ [deutsch „Taghaus, Nachthaus“], „Gra na wielu bębenkach“ [„Spiel auf vielen Trommeln“], „Bieguni“ [„Unrast“] und „Księgi Jakubowe“ [„Die Jakobsbücher“]. Die letzten beiden Romane brachten ihr auch den Nike der Jury.

Tokarczuk-Prosa wird nicht nur in Polen seit Jahren geschätzt. 2013 erhielt sie den internationalen Vilenica-Preis für Schriftsteller aus Mitteleuropa. Für die „Jakobsbücher“ wurde sie mit dem Kulturhuset Stadsteatern International Literary Award in Stockholm und dem Laure-Bataillon Award für das beste ins Französische übersetzte Buch ausgezeichnet. Ihre Veröffentlichung des Buches „Unrast“ in englischer Sprache, übersetzt von Jennifer Croft, brachte ebenfalls großen Erfolg. Tokarczuk wurde 2017 mit dem internationalen Booker Award in Großbritannien ausgezeichnet. Ein paar Monate später fand sich das gleiche Buch im Finale des American National Book Award.

Weitere Erfolge kamen mit der englischen Premiere von „Führen Sie Ihren Pflug durch die Knochen der Toten“ [„Der Gesang der Fledermäuse“] in der Übersetzung von Antonia Lloyd-Jones. Mit dem Roman über die im Kłodzko-Tal lebende pensionierte Lehrerin Janina Duszejko, deren Nachbarn unter ungeklärten Umständen sterben, ging Tokarczuk zum zweiten Mal in Folge zum internationalen Booker-Finale und erhielt später die zweite Nominierung für den National Book Award. „The Guardian“ platzierte diesen Roman unter den 100 besten Büchern des 21. Jahrhunderts.

Zsfg.: JP

http://wyborcza.pl/7,75410,25292307,literacki-nobel-2019-dla-olgi-tokarczuk.html

oko.press

Die Opposition übernimmt den Senat aus den Händen der PiS! Das ist das sichere Ergebnis: 51 zu 49 Mandaten

 

Das Schicksal des Senats war bis zum letzten Moment nicht sicher. Heute früh schien es unmöglich, aber wir können bereits offiziell sagen: Es ist die Opposition, die die Mehrheit im Senat hat.

Wir haben offizielle Wahlergebnisse für den Senat. Die PiS verliert die Kontrolle über das Oberhaus des Parlaments. Das Duell wurde entschieden mit einem Platz! Oppositionskandidaten gewannen 51 Sitze, PiS 49.

[…]

Die Zusammensetzung der Opposition im Senat ist:
43 Senatoren und Senatorinnen von der KO [Bürgerkoalition] 2 Senatoren von der SLD [Bündnis der Demokratischen Linken] 3 Senatoren von der PSL [Polnische Bauernpartei] 3 unabhängige Senatoren: Krzysztof Kwiatkowski, Stanisław Gawłowski und Wadim Tyszkiewicz (die ersten beiden zuvor mit PO assoziiert, Tyszkiewicz mit der Nowoczesna)
Insgesamt: 51 Sitze.

Die PiS hat 48 Senatoren. Einen Sitz hat Lidia Staroń, die von der Kaczyński Partei unterstützt wurde.

Das gemeinsame Ergebnis von PiS und Lidia Staroń auf nationaler Ebene beträgt 45,3 Prozent der Stimmen. Drei Oppositionsparteien und drei unabhängige Kandidaten, die von der Opposition unterstützt werden, machen wiederum 44,37 Prozent aus.
Der Unterschied in der Größenordnung des Landes ist daher minimal, was jedoch nicht zum Sieg von Kaczyńskis Partei führte. PiS hat einen großen Vorsprung in den südöstlichen Bezirken. Bei Wahlen, bei denen der Gewinner alles übernimmt, wird ein solcher Vorteil vergeudet. Bei diesen Wahlen trat es ein, obwohl sich am Ende herausstellte, dass die Unterschiede minimal waren.

Mehrere Duelle dauerten bis zum letzten Moment. Einer von ihnen war im Bezirk Nr. 40. Schließlich gewann die Kandidatin von KO Jolanta Hibner mit 146 318 Stimmen. Jan Żaryn von der PiS bekam 137 674 Stimmen. Hibner gewann mit 51,5 Prozent gegen 48,5 Prozent, obwohl die Wahlkommission Ergebnisse von 87 Prozent meldete, betrug der Unterschied zwischen den Kandidaten nur 150 Stimmen.
Im Bezirk Nr. 92 (Gniezno) besiegte Paweł Arndt von der KO Robert Gaweł von der PiS um weniger als 1500 Stimmen.

Was kann der Senat tun? Fragen und Antworten
Frage: Kann die Opposition im Senat die vom Sejm verabschiedeten Gesetze wirksam ändern?
Nein. Die absolute Mehrheit der Abgeordneten kann in Anwesenheit von mindestens der Hälfte ihrer gesetzlichen Zahl die Stellungnahme des Senats zu einem vom Sejm angenommenen Gesetz ablehnen. Der Senat kann das legislative Wirken der PiS jedoch leicht stoppen und die Verabschiedung der Gesetze um mehrere Wochen verzögern.

Frage: Befasst sich der Senat mit dem Veto des Präsidenten?
Nein. Das Veto des Präsidenten wird nur vom Sejm geprüft.

Frage: Hat der Senat eine Gesetzesinitiative?
Ja. Aber die Verabschiedung der Senatsgesetze hängt vom Sejm ab.

Frage: Was sind die wichtigsten Befugnisse des Senats?
Er wählt und entlässt je zwei Senatoren aus dem Nationalrat der Justiz und dem Nationalrat der Staatsanwaltschaft.
Er wählt zwei Mitglieder des Kollegiums des Instituts für Nationales Gedenken.
Er ernennt und entlässt ein Mitglied des Nationalen Rates für Rundfunk und Fernsehen.
Er ernennt und entlässt drei Mitglieder des Geldpolitischen Rates.

Von der Zustimmung des Senats hängt ab:

  • Ernennung des Bürgerbeauftragten
  • Ernennung und Abberufung des Präsidenten des Obersten Rechnungshofs, des Ombudsmanns für Kinder, des Generalinspektors für den Schutz personenbezogener Daten, des Präsidenten des Instituts für Nationales Gedenken und des Präsidenten des Amtes für elektronische Kommunikation.
  • Der Senat prüft die Berichte des Landesrates für Rundfunk und Fernsehen. Die Ablehnung des Berichts durch den Senat ist eine der Voraussetzungen für die Aufhebung der Amtszeit aller Mitglieder des Landesrates.
Zsfg.: JP

https://oko.press/opozycja-przejmuje-senat-z-rak-pis-to-juz-pewny-wynik-51-do-49-mandatow/?fbclid=IwAR2jeQFsT6qmWfq8jOem_nRA3J9LhM-P5Cb_VIjaJ0KKZo8NIOlducmriMU

wiez.com.pl

Mit Mitleid für Minister Gliński

Eine Polemik von Jerzy Sosnowski

Wie ich höre, ist der Kulturminister aller Zeiten einer Einladung zu TVN24 gefolgt und hat gesagt, dass er keinen der Romane von Olga Tokarczuk zu Ende gelesen hat. Er fügte etwa sinngemäß hinzu, dass es sich bei ihr nur um eine Größe eines einzelnen Milieus handelt, und er gehört zu einem anderen Milieu (aber sicher doch: wir würden ihn gar nicht in unserem Milieu akzeptieren…). Daraufhin warfen ihm PiSferne Internetnutzer vor, nur halbintelligent zu sein.
Ich möchte den Minister verteidigen. Nach Beendigung der Schule besteht keine Verpflichtung mehr, ein Buch zu lesen, geschweige denn bis zum Ende. Vor Jahren wurde dieser Witz sogar erzählt: Bücher fliegen aus dem Fenster eines Wohnhauses in den Hinterhof, ein ganzer Regen von Büchern. Diejenigen, die dieses seltsame Phänomen beobachten, hörten dazu folgende Schreie: „Hurra! Ich werde nie mehr lesen! Ich wurde Professor!“
Ein Problem gibt es natürlich damit, dass ausgerechnet der Kulturminister über eine herausragende polnische Schriftstellerin mit Missachtung spricht. Aber auch das spielt eigentlich keine Rolle. Eine Frage mit Bitte um Überprüfung: Wer war Kulturminister der UdSSR als Isaak Babel „Die Reiterarmee“ schrieb? Ich frage nicht die Historiker – die müssen aus beruflichen Gründen eine ganz Liste von unwichtigen Namen kennen – ich frage die Leser von Isaak Babel. Oder: Wer war in der italienischen Regierung zuständig für die Filmkunst, als Federico Fellini „Amarcord“ drehte?
Viele Männer träumen davon, ein Talleyrand zu werden. Und wenn sich herausstellt, dass sie es nicht werden können, würden sie zumindest gern ein Sokorski sein. Also versucht er es, der arme Kerl. Es gibt keinen Grund, ihn aufzuwerten, indem man behauptet, er sei ein halbintelligenter, oder ein viertelintelligenter Mensch. Es gibt aber Grund dafür, mit Mitleid an ihn zu denken.

Zsfg.: AV

http://wiez.com.pl/2019/10/08/o-ministrze-glinskim-ze-wspolczuciem/?fbclid=IwAR3wCjnmb1lvZdglM2OVCNZrj14bCR19M4LkS-O8jlVl1KedFafXCgKf-V8

oko.press

Die Bürgerkoalition stagniert. Die Linke und die rechtsradikale Konföderation in der Offensive. Vergleichen wir die Wahlergebnisse der Wahlen 2019 und 2015

Bei den Parlamentswahlen am 13. Oktober haben fast 3 Millionen Wähler mehr gewählt, als vor vier Jahren. Theoretisch sollten die politischen Parteien daher mehr Polen davon überzeugen, sie zu wählen, auch wenn sie das Ergebnis im Vergleich zu den Wahlen von 2015 nicht prozentual verbessert haben. Und tatsächlich, abgesehen von der Bauernpartei PSL plus Kukiz, haben sie alle gewonnen. Jedoch auf unterschiedlichem Niveau. Hegemon ist die PiS, die ihr Ergebnis um über 2,3 Millionen Stimmen und sechs Prozentpunkte verbesserte.
Auf der Oppositionsseite hat die Bürgerkoalition KO diese Gelegenheit nicht genutzt. Ihr Ergebnis ist anteilig 4,3 Prozentpunkte niedriger als die Gesamtstimmen der Bürgerplattform PO und der liberalen Nowoczesna bei den Wahlen vor vier Jahren. Absolut gesehen hat die Koalition jedoch rund 250.000 mehr Stimmen gewonnen als sie 2015 hatte. Die Linke hat bei den Wahlen am Sonntag 620.000 Wähler hinzugewonnen. Prozentual sind das fast 1,4 Prozentpunkte. Die rechtsradikale Konföderation erhielt im Vergleich zum Komitee KORWiN vor vier Jahren 540.000 Stimmen und zwei Prozentpunkte mehr. Und was ist mit der PSL? Schon vor den Wahlen war klar, dass nach dem Zusammenschluss der Bauernpartei mit Kukiz 15 nicht einfach die Stimmen beider bei den letzten Wahlen addiert werden können. Vor vier Jahren erhielten sie insgesamt fast 2,2 Millionen Stimmen und fast 14%. Am Sonntag erhielten sie über eine halbe Million Stimmen und etwas mehr als fünf Prozentpunkte weniger. 68% der PSL-Wähler blieben ihrer Partei treu, es stimmten jedoch in diesem Jahr auch überraschend viele ehemalige PSL-Wähler für die Linke (10%), KO (9%) und PiS (ebenfalls 9%). Jarosław Kaczyńskis Plan, die bäuerliche Wählerschaft der PSL zu entreißen, scheiterte.
Die Wähler der Bürgerplattform PO liefen in einem beträchtlichen Prozentsatz zur Linken über, aber zweifellos eine sehr interessante Gruppe sind die 6% der Wähler der PO von vor vier Jahren, die diesmal für die PiS oder die rechtsradikale Konföderation gestimmt haben. Die Wähler der liberalen Nowoczesna gingen mit einem Anteil von über 27 Prozent an die Linke und fast 9 Prozent wählte (!) die PiS oder die Konföderation. Andererseits wählten 18% der Vereinigten Linken diesmal die Bürgerkoalition KO, was ein weiterer Beweis dafür ist, dass die Linke und die KO eine sehr ähnliche Wählerschaft haben. Im Gegenzug setzen diesmal nur 55 % der Wähler der linken Partei Razem auf die Linke, während bis zu 21 % auf konservative oder rechtsextreme Parteien setzen: PSL, PiS oder die Konföderation. Dies deutet darauf hin, dass die Wählerschaft von Razem bei den vorangegangenen Wahlen nicht so sehr links, sondern eher systemfeindlich war, verleitet durch Adrian Zandbergs hervorragenden Auftritt in der TV-Debatte. Unter denjenigen, die 2015 nicht an den Wahlen teilgenommen hatten, gewann die Bürgerkoalition KO am meisten (27%), und nicht viel weniger die PiS (23%) und die Linke (22%).
Fazit der Wählerstromanalyse? An der Schnittstelle von Bürgerkoalition und Linke sind viele Bewegungen in der kommenden Wahlperiode möglich, aber die Wähler des Machtlagers bleiben ein Monolith: Bis zu 90% der Wähler der Partei von Jarosław Kaczyński haben sich auch diesmal für die PiS entschieden.

Zsfg.: AV

https://oko.press/ko-w-stagnacji-lewica-i-konfederacja-w-ofensywie/

crowdmedia.pl

Der Konflikt der Richter mit der Regierung geht auf eine höhere Ebene. Es gab noch nie so schwere Anschuldigungen gegen das Justizministerium

 

Die heutigen Medien berichten, dass der Vorstand der Vereinigung der polnischen Richter „Iustitia“ eine Mitteilung an die Staatsanwaltschaft bezüglich der Mitarbeiter des Justizministeriums, des Nationalen Richterrates und anderer staatlicher Ämter geschickt hat. Die gegen das Ministerium gerichtete Anschuldigung ist schwerwiegend, da sie sich auf „Aktivitäten einer kriminellen Vereinigung“ bezieht, die sich auf Angestellte beziehen, die an der Diskreditierung von Aktivitäten polnischer Richter beteiligt sind, auf die so genannte Hass-Affäre im Justizministerium.

Vorsitzender des Teams für das Strafrecht von der „Iustitia“, Jakub Kościerzyński, begründet die eingereichte Anzeige: „Wir wissen aus Medienberichten und eigenen Beobachtungen, dass im Ministerium und in anderen Zentralämtern eine organisierte kriminelle Vereinigung tätig war, die vertrauliche Informationen vom Ministerium entgegengenommen und zur Belästigung von Richtern der Republik Polen verwendet hat. Im Rahmen dieser Aktivitäten wurden auch falsche Informationen und Beweise konstruiert, die später Grundlage für die Einleitung von Aufklärungs- oder Disziplinarverfahren gegen Richter bildeten.“

„Iustitia“ beschuldigt die Staatsanwaltschaft unter der Leitung von Zbigniew Ziobro, der auch Justizminister ist, die Initiative zur Klärung des Falls nicht ergriffen zu haben. Nach Ansicht der Richter ergreift die Staatsanwaltschaft „von Amtswegen keine wirklichen Maßnahmen, um die Täter dieser Praxis zu ermitteln“. Über den Hass-Skandal wird seit langem viel geredet, was bereits zu vielen Informationen darüber geführt hatte. Wir wissen mehr oder weniger auch, dass die Aktivitäten gegen die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs Małgorzata Gersdorf gerichtet waren.
Wir möchten Sie daran erinnern, dass der Hass-Skandal ausgebrochen ist, als Onet.pl Informationen über das koordinierte Vorgehen von Mitarbeitern des Justizministeriums gegen viele Richter enthüllte. Verschiedene Arten von Gerüchten, darunter Gerüchte über das Privatleben sowie Informationen aus Dokumenten, zu denen Verleger keinen Zugang haben sollten, wurden verwendet, um sie zu verleumden. „Beamte des Justizministeriums konzentrierten sich auf das Diskussionsforum KASTA im Internet, in dem für kriminelle Zwecke Informationen verwendet wurden, die sie im Zusammenhang mit ihren Aufgaben und ihrer Arbeit im Justizministerium erlangt hatten. Der in der Publikation zitierte Wortlaut beleidigt, erniedrigt, verletzt die Würde von Richtern und bedroht das Image der Ämter und Gerichte“, kommentiert Dorota Zabłudowska vom Verwaltungsrat der „Iustitia“. „Die Verbreitung von falschen und anonymen Informationen durch die Mitglieder der KASTA-Gruppe über alle verfügbaren Medienkanäle führte häufig zur Einleitung von Disziplinarverfahren gegen die Richter, was zusätzliches schweres Leid für die Opfer der Gruppe darstellte“, fährt Zabłudowska fort. Auf die gesamte Situation verwies Minister Zbigniew Ziobro, der der Ansicht ist, dass alle Maßnahmen der Mitarbeiter privaten Charakter hatten, und er reagierte sofort, wenn Unregelmäßigkeiten auftraten: „Ich habe sofort Konsequenzen gezogen und diejenigen entlassen, die ein solches Vergehen begangen haben“, erklärt der Justizminister.

Die Klage bezeichnet er als gerichtlichen Krieg und erklärt, „dass der Präsident von Iustitia diese Klage zuerst gegen sich selbst erheben sollte, weil er die Person ist, die für die Verteidigung der systemischen Pathologie in der polnischen Justiz verantwortlich ist, und die Person ist, die für Hassreden verantwortlich ist. Für Beschimpfungen und Beleidigungen, dass seine Kollegen, sein Umfeld, für vier Jahre gegen Richter richteten, die beschlossen, mit einer demokratisch gewählten Regierung zusammenzuarbeiten.“

Wie wird die Staatsanwaltschaft auf die Strafanzeige reagieren? Bei Kenntnis der Vorgeschichte früherer Auseinandersetzungen mit der herrschenden Partei ist keine rasche Aktion zu erwarten. Wie bei anderen Skandalen um die Politiker der Regierungspartei, zum Beispiel die beiden berühmten Kaczyński-Türme, kann es lange dauern, bis die Staatsanwaltschaft Stellung bezieht.

Zsfg.: MB

https://crowdmedia.pl/konflikt-sedziow-z-rzadem-wchodzi-na-wyzszy-poziom-tak-powaznych-oskarzen-przeciwko-resortowi-ziobry-dotad-nie-bylo/

oko.press

Die Oppositionsparteien unterzeichneten Pakt für den Rechtsstaat

Adrian Zandberg im Namen der Linken, Małgorzata Kidawa-Błońska im Namen der KO [Bürgerkoalition] und Władysław Teofil Bartoszewski von der PSL [Polnische Bauernpartei] unterzeichneten eine Vereinbarung zur Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit. Sie wird von der Vereinigung der polnischen Richter Iustitia und der Vereinigung der Staatsanwälte Lex Super Omnia unterstützt.

Vereinbarung zur Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit

  1. Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit und der verfassungsmäßigen Ordnung in Polen auf der Grundlage der Verfassung und innerhalb ihrer Grenzen – auf der Grundlage eines glaubwürdigen Plans für die nächsten Stufen der Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit, der den Bürgern vor den Wahlen vorgelegt wurde.

 

  1. Durchsetzung aller verbindlichen Urteile der ordentlichen Gerichte und Verwaltungsgerichte, des Obersten Gerichtshofs, des Obersten Verwaltungsgerichts und der Tribunale, einschließlich des Gerichtshofs der EU und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

 

  1. Durchführung sowohl der Verbesserung des Justizsystems als auch dessen Reform – das heißt, Rücknahme aller Änderungen der letzten 4 Jahre, die sich auf die Unabhängigkeit der Richter und die Unabhängigkeit der Gerichte auswirken, und Einführung der Änderungen, die die Bürger seit Jahren erwarten, damit Effizienz und öffentliches Vertrauen in die Justiz  deutlich erhöht werden können.

 

  1. Wiederherstellung der Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts und Wiederherstellung seiner Autorität – durch Wiederherstellung der ordnungsgemäßen Zusammensetzung sowohl in den Positionen der Richter als auch des Präsidenten und durch Gewährleistung eines transparenten Prozesses der Richterauswahl, dem eine gründliche Debatte und öffentliche Anhörungen unter Beteiligung der Bürger vorausgehen müssen.

 

  1. Einrichtung eines von Politikern unabhängigen und bürgernäheren Nationalen Richterrates. Dazu gehört: Änderung der Methode zur Auswahl von Richtern und Mitgliedern des Nationalen Richterrates zur Auswahl durch Richter, Beteiligung der Öffentlichkeit (z. B. durch öffentliche Anhörungen von Kandidaten oder Kandidaten oder Einsetzung eines Sozialrates beim Nationalen Richterrat als Beratungsgremium) im Prozess der Auswahl neuer Mitglieder für das nationale Gerichtsregister und Sicherstellung einer angemessenen Vertretung von Richtern verschiedener Gerichte, einschließlich Bezirksgerichten – die den Menschen am nächsten sind.

 

  1. Sicherstellung der Unabhängigkeit der Gerichte von Politikern einschließlich Einschränkung der Aufsicht des Justizministers über ordentliche Gerichte und der Übertragung eines Teils der Zuständigkeiten auf den unabhängige Nationale Richterrat,  Auswahl der Präsidenten von Gerichten aus Kandidaten, die von der Selbstverwaltung der Richter vorgeschlagen wurden. Die Möglichkeit, sie mit der entscheidenden Beteiligung der richterlichen Selbstverwaltung zu entlassen, und die Einführung eines Systems der Disziplinarhaftung von Richtern, die von Politikern unabhängig sind und nach einem offenen Prinzip arbeiten.

 

  1. Sicherstellung der Unabhängigkeit der Staatsanwälte von politischem Druck, indem die Funktionen des Justizministers von der des Generalstaatsanwalts getrennt werden. Die einzige Stelle, die befugt sein sollte, die Aktivitäten des Staatsanwalts inhaltlich zu überprüfen, sollte ein unabhängiges Gericht sein.

 

  1. Gewährleistung effizienter Gerichte – vor allem: Gewährleistung der ordnungsgemäßen Beschäftigung einer ausreichenden Anzahl von Assistenten, Referenten und Mitarbeitern der Gerichtsverwaltung, Erhöhung der Verfügbarkeit und Rolle der gerichtlichen Schlichtung und Verbesserung der Computerisierung des Zugangs zu Gerichten.

 

  1. Verbesserung der Zugänglichkeit von Gerichten – für Menschen, indem der Zugang zu unentgeltlicher Rechtshilfe für Bedürftige erweitert wird, einschließlich der Finanzierung durch den Justizfonds, Senkung der Gerichtsgebühren, Schaffung einer verständlicheren und zugänglicheren Sprache vor Gericht und Standards für die angemessene Behandlung von Menschen mit besonderen Bedürfnissen vor Gericht (z. B. der Assistent einer älteren oder behinderten Person).

 

Zsfg.: MB

https://oko.press/lewica-ko-i-psl-podpisaly-pakt-dla-praworzadnosci/?fbclid=IwAR35cewZiTWdY3aSOaytCw87CU-zUUCiYZoAcszhG1YBHpHlclKXtuaiXtY

                                                                        ZITAT DER WOCHE

„… wir leben in einer Zeit des vollständigen Paradigmenwechsels, der uns gereicht hatte. In dem wir unsere Weltkarten abbilden konnten. Und heute ändert sich dieses Paradigma, und wir sind noch nicht in der Lage, ein neues zu finden, um uns dort zu positionieren. Religionen kompromittieren sich vor unseren Augen. Entweder werden sie fundamentalistisch oder sie können den Menschen nicht mehr begleiten, weil sie zu klein sind, sie entsprechen nicht der Größe der Welt. Oder der Fundamentalismus tötet sie. Die Menschen haben nichts, worauf sie sich beziehen könnten.“

Olga Tokarczuk – Literaturnobelpreisträgerin für das Jahr 2018, in einem Interview

Quelle: https://ksiazki.wp.pl/olga-tokarczuk-w-pierwszym-wywiadzie-po-nagrodzie-nobla-dzis-bede-celebrowac-6433711903565441a

                      MEDIENSPIEGEL – IN DER DEUTSCHSPRACHIGEN PRESSE ÜBER POLEN 

spiegel.de

Nobelpreisträgerin Olga Tokarczuk. Die Provinz zur Heimat machen
https://www.spiegel.de/kultur/literatur/literaturnobelpreis-2018-olga-tokarczuk-im-portraet-a-1290957.html


tagesschau.de

Endergebnis in Polen. Regierungspartei PiS kann allein regieren
https://www.tagesschau.de/ausland/polen-parlamentswahl-107.html


nzz.ch

«In Polen sind wir noch nicht so weit wie in Putins Russland. Aber die Gefahr besteht»
https://www.nzz.ch/wirtschaft/balcerowicz-gefahr-dass-polen-wie-putins-russland-wird-ld.1512296?fbclid=IwAR0X6T-RypNxy31tqDhaMakp0YmsugzAYKi9hnmOSAiMpbeVAJbPN4_qsf8


rheinpfalz.de

Steffen Möller im Interview: „In Polen herrscht eine große Wut“
https://www.rheinpfalz.de/nachrichten/politik/artikel/steffen-moeller-im-interview-in-polen-herrscht-eine-grosse-wut/


deutschlandfunkkultur.de

Die scheinheilige Rolle der Kirche
https://www.deutschlandfunkkultur.de/polen-vor-der-wahl-die-scheinheilige-rolle-der-kirche.979.de.html?dram%3Aarticle_id=459967&fbclid=IwAR0GEgMp6O_SPXydBMH2FMNLXT0WhubPAprjccZ_7O9N9RSHjsXk-rhcLSw

über uns in der Presse

Andreas gegen Kaczyński, oder wie ein Deutscher den Polen hilft, für die Demokratie zu kämpfen.

Interview der Gazeta Wyborcza mit Andreas Visser (pl)

 

(…)
Warum hast du begonnen, dich zu engagieren?
Aufgrund der Reden von Jarosław Kaczyński während des Wahlkampfes 2015. Sie waren rassistisch. Ich übersetzte sie ins Deutsche und landete in den 30er Jahren – die gleiche Rhetorik. Die Menschen verbinden Faschismus mit der Geschichte – Uniformen, Krieg, Hitler, Mussolini. Heutzutage ist es etwas anderes, auch wenn es eine Sprache ist. Kaczyński spricht über Menschen, die dem Krieg entkommen sind, dass sie Krankheiten und Parasiten verbreiten. Es war wie aus dem „ Stürmer“, mit solchen Worten schürten sie den Hass auf Juden. Dann sagte Kornel Morawiecki im Sejm, dass die Nation höher stehe als das Gesetz. Sämtliche Abgeordneten der PiS standen auf und applaudierten. Ein gleicher Applaus wie nach ähnlichen Sätzen auf den Parteitagen Adolf Hitlers.Wen hast du auf den Demonstrationen von KOD gesehen?
Tolle Leute, deshalb haben wir den Verein Mitte 21 in Berlin gegründet und ich bin jetzt dessen Vorsitzender. Wir wollen die Deutschen über das Geschehen in Polen informieren. Wir organisieren Treffen, Radek Sikorski, Ewa Siedlecka, Magdalena Środa, Jarosław Kurski waren bereits da. Es kommen 100, 200 Menschen, viele Deutsche zu den Treffen. Wir machen einen Newsletter, wo wir Texte aus der polnischen Presse übersetzen, wir haben etwa 400 Abonnenten.
(…)
DEKODER auf Deutsch
 https://dekoder.com.pl/deutsch-artikel/

DIALOG FORUM – Perspektiven aus der Mitte Europas
 https://forumdialog.eu/

POLEN und wir – älteste Zeitschrift für deutsch-polnische Verständigung
http://www.polen-und-wir.de/
REDAKTION:
Małgorzata Burek | Jerzy Paetzold
Christel Storch-Paetzold | Andreas Visser | Krzysztof Wójcik
Layout: Małgorzata Nierhaus