Pressespiegel 201829 vom 19.07.2018

 

 

Polen-Newsletter 29/2018

vom 19.07.2018

Mitte 21 – Verein zur Förderung der Völkerverständigung und der Demokratie e.V.

zum Newsletter-Archiv

 


rp.pl

Klage vor EuGH wegen der Double-Richter beim polnischen Verfassungsgerichtshof

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg nahm gerade die Klage von Marek Jarocki an. Der Kläger ist der Meinung, dass die Besetzung des Verfassungsgerichtshofes in seinem Fall falsch gewesen sei. Dies ist die erste derartige Beschwerde. Ihre Bedeutung für die anderen ist jedoch enorm. Würde der Gerichtshof in Straßburg dem Kläger Recht geben, könnten alle Urteile des Verfassungsgerichtshofes mit der unbefugten Besetzung angefochten werden.
Am 16. April 2017 erhob der Kläger eine Verfassungsklage gegen die Vorschriften über die Erstattung der Prozesskosten. Seiner Meinung nach sind sie verfassungswidrig. Das Gericht lehnte es ab, die Klage weiter zu verfolgen, und wies den Kläger an, die Kosten zu tragen. Im Laufe des Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof behauptete er, dass die Entscheidung in diesem Fall von Personen getroffen worden sei, die nicht den Status eines Richters des Verfassungsgerichtshofes hätten. Sie sind, wie er behauptet, „Usurpatoren“, die von den derzeitigen Behörden ernannt worden seien, die die Funktion eines Richters ausüben.
Sein Anwalt, Roman Nowosielski, schätzt, dass der Fall juristisch einfach ist. Es geht um die Auslegung des polnischen Rechts, insbesondere die Analyse der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 3. Dezember 2015.
In Punkt 35 der Klageschrift (Sachverhaltsdarstellung) an den EuGH heißt es, dass die durch den aktuellen Sejm gewählten Richter erst nach dem Ablauf der Amtszeit der durch den vorherigen Sejm ausgewählten Richter befugt sind. Bis dahin unterliegen Entscheidungen, die unter Beteiligung dieser sechs unbefugten Richter getroffen werden, kraft Gesetzes der Einrede der Nichtigkeit mit der Begründung, dass Unbefugte an der Entscheidung ohne den aktiven Status eines Richters des Verfassungsgerichtshofes teilgenommen haben.
Was hat das Verfassungsgericht am 3. Dezember 2015 entschieden? Es erklärte einstimmig in seiner fünfköpfigen Besetzung, dass das Gesetz über den Verfassungsgerichtshof über die Wahl der 3 Richter in Oktober 2015 verfassungskonform ist.
Die Vorschriften über die Ernennung zweier weiterer Richter seien jedoch verfassungswidrig, da ihre Amtszeit erst im Dezember 2015 endete.

Zsfg.: MB


http://www.rp.pl/Sedziowie-i-sady/307089972-Skarga-na-sedziow-dublerow-w-Trybunale-Konstytucyjnym-przyjeta-w-Strasburgu.html


oko.pres.pl

Die Kirche ist der Partei Recht und Gerechtigkeit beigetreten. Bischof Dydycz: „Die Justiz wird erneuert“ und die Proteste dagegen sind „faschistisch“

Am Wochenende vom 7. bis 8. Juli 2018 während der Wallfahrt der Familie Radio Maryja nach Jasna Góra vertraute Ministerpräsident Mateusz Morawiecki Polen der Jungfrau Maria und Pater Rydzyk an, und Präsident Jarosław Kaczyński bestätigte, dass dank der Familie von Radio Maryja „Christus siegreich ist und die polnische Sache siegen wird“.
Um sich zu revanchieren, schlug Bischof Dydycz mutig politische Töne an: „Die Heuchelei unserer Zeit ist schrecklich. Wie oft hören wir in den Medien von Kreisen, die behaupten, im Namen der Demokratie gegen die demokratisch gewählten Vertreter unseres Volkes zu kämpfen! Schließlich ist das ein Widerspruch! Wie kann man demokratisch gewählte Volksvertreter bekämpfen! Eine große Lüge! Es waren genau solche Gruppen, welche die Vertreter der Nation in der Vergangenheit attackierten, die kriminell und von faschistischer oder kommunistischer Herkunft waren. Deshalb müssen wir den Worten einen ursprünglichen Sinn geben. Demokratische Wahlen sind demokratische Wahlen. Der Wille des Volkes muss respektiert werden“, sagte Bischof Antoni Dydycz. Nach unserem Verständnis bezog er sich auf die Protestbewegung gegen die Aktivitäten der Partei Recht und Gerechtigkeit, unter anderem auf das Gesetz, das entgegen der Verfassung der Republik Polen die Richter des Obersten Gerichtshofs entlässt.

Am 28. Juni 2018 fragte der Journalist von „Gość Niedzielny“ Erzbischof Marek Jędraszewski:
„Ist die Kirche der Partei Recht und Gerechtigkeit beigetreten, wie die Opposition behauptet“?
Marek Jędraszewski: „Ich habe diesen Satz noch nicht gehört, aber ich kann mir vorstellen, dass solche Anschuldigungen auftreten können. Diese sind darauf zurückzuführen, dass die Kirche objektive moralische Werte verkündet, besonders wenn es um die Ehe, um den Begriff der Familie geht. Sie betont auch die Bedeutung der Liebe zur Heimat, des Patriotismus und dass „Polen Polen bleiben soll“. Das PiS-Programm deckt sich in vielerlei Hinsicht mit dieser Lehre. Doch nicht die Kirche ist Teil der Bewegung für Recht und Gerechtigkeit, sondern die katholische Soziallehre spiegelt sich deutlich in vielen Teilen der Tagesordnung des herrschenden Lagers wieder, was nicht von anderen Parteien gesagt werden kann, die mehr oder weniger gegen die von der Kirche verkündeten Werte sind.“

Zsfg.: JP


https://oko.press/kosciol-zapisal-sie-do-pis-bp-dydycz-sadownictwo-sie-odradza-a-protesty-sa-faszystowskie/


onet.pl

Kaczyński: „Die Europäische Kommission wird den polnischen Willen nicht brechen“

„Die Europäische Kommission wird den polnischen Willen, die Reformen abzuschließen, nicht brechen, denn es ist ein Entweder-oder. Wenn die Justiz nicht reformiert wird, machen andere Reformen wenig Sinn“, sagte Jarosław Kaczyński, der Vorsitzende der Partei Recht und Gerechtigkeit, in „Sieć“. „Früher oder später werden sie von solchen Gerichten, wie wir sie jetzt haben, abgelehnt werden“, fügte er hinzu.
In einem Interview mit einer Wochenzeitung, deren Fragmente auf dem Portal wpolitce.pl veröffentlicht wurden und das am Montag erscheinen wird, sprach Kaczyński auch über die Opposition, die seiner Meinung nach „gegen alle Regeln verstößt und ein schreckliches Gefühl der Straflosigkeit hat.“ „Sie warfen alle möglichen Ressourcen gegen uns und zertrampelten alle Prinzipien des parlamentarischen und politischen Lebens“, sagte er.
Der Präsident der Partei Recht und Gerechtigkeit wies darauf hin, dass „jede Opposition gefährlich sein kann“ und „politische Rivalität in einer Demokratie etwas Normales ist“. „Leider ist unser Gegner keine normale Opposition“, sagte er.

Zsfg.: JP


https://wiadomosci.onet.pl/kraj/kaczynski-ke-nie-zlamie-polskiej-woli/pfz3mfb


gazeta.pl

Priester Lemański zurück im Priesteramt. Das Ende der ihm durch Erzbischof Hoser aufgelegten Suspendierung

Wie Radio TOK FM berichtet, ist Pfarrer Wojciech Lemański nicht mehr von der Suspendierung betroffen. Diese Strafe wurde ihm 2014 durch den ehem. Warschauer Erzbischof Henryk Hoser auferlegt. Der Grund waren vor allem Lemańskis Aussagen in den Medien und offenes Engagement in dem polnisch-jüdischen Dialog.
Seit 2015 war Wojciech Lemański wiederholt aktiv als Kritiker der derzeitigen PiS-Regierung und als Sympathisant der Opposition. Er ist auch bekannt als Kritiker der Katholischen Kirche und deren Einmischung in die polnische Politik.
Der Priester Lemański soll nun ein neues Pfarramt in der Łódź-Diözese übernehmen.

Zsfg.: ŁS


http://wiadomosci.gazeta.pl/wiadomosci/7,114883,23660832,ksiadz-wojciech-lemanski-wraca-do-poslugi-koniec-suspensy-nalozonej.html#BoxNewsImg&a=66&c=96


crowdmedia.pl

Das wäre eine echte Revolution: Kaczyńskis Partei plant, die Spielregeln komplett zu ändern

Die Wahlen zum EU-Parlament im kommenden Jahr sollen als Generalprobe für die neue Wahlordnung werden, die von der PiS forciert wird. Diese würde die größten Gruppierungen überproportional bevorzugen, da die effektive Hürde 15% betragen wird. Dies würde die Parteien zwingen, sich in zwei Blöcke zu vereinen, da kleinere Parteien kaum Chancen hätten, diese Hürde zu überspringen.
Für die polnischen Parlamentswahlen 2018 sehen die Pläne 100 Wahlkreise für ganz Polen vor (anstatt wie heute 41), von denen je nach Größe nur 3 bis 5 Mandate zu vergeben wären, die jedoch nach dem Mehrheitsprinzip vergeben werden.
Davon erhofft sich PiS vor allem Vorteile für sich. Denn während auch kleinere Rechtsparteien sich der PiS-Liste anschließen müssten, sind hier die programmatischen Unterschiede gering. Dagegen sind diese auf Seiten der demokratischen Opposition viel größer – von der neoliberalen Partei „Nowoczesna“, über die konservative Bauernpartei PSL bis hin zu linken Parteien wie SLD oder Razem. Somit wäre es für die Parteien, die sich um die konservativ-liberale PO sammeln würden, als Gegengewicht zur der PiS-Liste, viel schwieriger, sich zu einer Liste zu vereinen, geschweige denn Einheit und klare Linie während des Wahlkampfs zu präsentieren.

Zsfg.: ŁS


https://crowdmedia.pl/to-bedzie-prawdziwa-rewolucja-partia-kaczynskiego-planuje-calkowicie-zmienic-reguly-gry/


oko.press.pl

Fachkenntnisse sind nicht mehr wichtig. PiS ändert das Gesetz über die Wahl der Richter zum Obersten Gerichtshof

Die Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) reagierte mit einer eintägigen Verzögerung in gewohnter und bewährter Weise, d.h. mit einem Notstandsgesetz auf die Ankündigung von Richtern, sich massenweise um freie Richterposten beim Obersten Gerichtshof zu bewerben. Dem Sejm wurde ein Gesetzentwurf vorgelegt, der zur Tarnung als Änderung des Gesetzes über die Staatsanwaltschaft bezeichnet wurde. Wie üblich steht das Wichtigste am Ende, d.h. in den Verordnungen zur Änderung anderer Rechtsakte und Übergangsvorschriften.
Mit dem Gesetz über Staatsanwaltschaft wird unter anderem das Gesetz über die Wahl der Richter zum Obersten Gerichtshof geändert.
Nach diesem Entwurf, der voraussichtlich innerhalb einer Woche verabschiedet wird, kann sich bei dem Obersten Gerichtshof jeder bewerben und er muss dabei keine anderen Unterlagen als eine Gesundheitsbescheinigung vorlegen.
Der staatliche Richterrat kann alle Kandidaten prüfen, ohne sich in Untersuchungsteams einzuteilen. Er muss die Kompetenz der Kandidaten nicht prüfen. „Berufserfahrung, einschließlich Erfahrung in der Anwendung von Recht, wissenschaftlicher Besitzstand, Stellungnahmen von Vorgesetzten, Empfehlungen, Veröffentlichungen und andere Dokumente, die dem Antragsdossier beigefügt sind“ oder „die Stellungnahme des zuständigen Gerichtskollegiums und die Bewertung der zuständigen Mitgliederversammlung“ müssen nicht berücksichtigt werden. Die Änderung sieht vor, dass der Rat im Falle der Einstellung in den Obersten Gerichtshof von dieser Verpflichtung befreit wird, die ihm das Gesetz im Falle der Wahl zum Richter eines ordentlichen Gerichts auferlegt.
Dies bedeutet, dass sich der Rat möglicherweise überhaupt nicht für die Qualifikation eines Kandidaten interessieren muss und willkürlich den Gewinner eines solchen „Wettbewerbs“ angeben kann. Auch wenn der Kandidat zum Beispiel eine negative Beurteilung durch das Kollegium und die Richterversammlung hatte oder sich um keine bewarb. Und selbst wenn sein Gegenkandidat ein langjähriger Juraprofessor wäre, der z.B. vor dem Landgericht oder dem Berufungsgericht urteilte und einen hervorragenden Ruf hatte. Mit anderen Worten, der staatliche Richterrat kann wählen, wen er will und muss es nicht rechtfertigen. Und niemand hat das Recht, das in Frage zu stellen.
Weiter muss der Rat sich überhaupt nicht mit Vorschlägen befassen, die er nicht behandeln möchte. Er hat das Recht, sie unerkannt zu lassen, wenn er der Ansicht ist, dass sie „die formalen Voraussetzungen nicht erfüllen“. Es ist schwierig, eine Bedingung zu stellen, die nicht erfüllt werden konnte, da es keine andere Bedingung als ein ärztliches Attest gibt. Es ist jedoch vorgesehen, dass der Rat die Anträge unter dem Vorwand loswerden kann, dass der Antragsteller nur das Verfahren blockieren will und keinen Sitz beim Obersten Gerichtshof anstrebt. Wie wird sie diese Absicht beweisen? Muss nicht sein. Es ist nicht notwendig, da die Entscheidung, die Bewerbung unbearbeitet zu lassen, vom Kandidaten nicht angefochten werden kann. Einfach und brillant zugleich. Und nur für den Fall, dass ein Kandidat versucht, sich an das Oberste Verwaltungsgericht zu wenden, ordnet die Partei Recht und Gerechtigkeit das Oberste Verwaltungsgericht an, einen solchen Antrag in einer geheimen Sitzung abzulehnen.
Die Partei Recht und Gerechtigkeit prognostiziert, dass sich trotz allem – vielleicht um des Anscheins willen? – welche zum Wettbewerb zugelassene und dann abgelehnte Kandidaten finden. Bisher sah die Bestimmung vor, dass der abgelehnte Kandidat sich beim Obersten Verwaltungsgericht beschweren kann. Die Partei Recht und Gerechtigkeit gibt dem Rat nun das Recht, einen solchen Einspruch „aus anderen Gründen“ abzulehnen, z.B. weil er in der falschen Schriftart geschrieben ist, ohne ihn an den Obersten Verwaltungsgericht zu senden.
Natürlich tritt das neue Gesetz sofort in Kraft, weil die Partei Recht und Gerechtigkeit beschlossen hat, sich zu beeilen, um den Obersten Gerichtshof zu besetzen. Sie ist wahrscheinlich besorgt, dass der Gerichtshof der EU diesen Prozess stoppen könnte.

Zsfg.: MB


https://oko.press/kompetencje-nie-maja-juz-znaczenia-pis-zmienia-prawo-dotyczace-wyboru-sedziow-do-sn/


Zitat der Woche

 

„Diejenigen, die diese Wahlen gewannen, sagten offen, dass sie das Mandat, das ihnen bei den Wahlen erteilt wurde, als ein Mandat verstanden haben, zu tun, was immer sie wollen. Ich bin an einem anderen, traditionellen Macht-Modell sehr interessiert. Wo die Behörden wissen, welche Beschränkungen es gibt. Eine Macht, die sich die Gerichte, die Staatsanwaltschaft, die Polizei und die unabhängigen Medien ganz unterordnet, wird die Demokratie sehr schnell in eine Kleptokratie verwandeln. In eine Regierung der Diebe.“

Donald Tusk, Präsident des Europäischen Rates, 13.07.2018 im Interview für TVN’s Fakty po  faktach Programm

 

DEKODER auf Deutsch
http://dekoder.com.pl/deutsch-artikel/


DIALOG FORUM – Perspektiven aus der Mitte Europas 
https://forumdialog.eu/

 

Medienspiegel – in der deutschsprachigen Presse über Polen

 

Spiegel.de

Mick Jagger wird politisch
http://www.spiegel.de/panorama/leute/mick-jagger-aeussert-sich-wegen-lech-walesa-zu-justizreformen-in-polen-a-1217349.html


ZDF.de

Polen: Kritik trotz Änderung des Holocausts-Gesetzes
https://www.zdf.de/nachrichten/heute-in-europa/kritik-trotz-aenderung-des-holocausts-gesetzes-100.html


DW.de

NATO: Polen hoffen auf die USA
https://www.dw.com/de/nato-polen-hoffen-auf-die-usa/a-44596404


Deutschlandfunk.de

Rechtsstaat im Ruhestand
https://www.deutschlandfunk.de/geplante-justizreform-in-polen-rechtsstaat-im-ruhestand.720.de.html?dram:article_id=422329


DieWelt.de

Yad Vashem setzt Netanjahu unter Druck
https://www.welt.de/politik/ausland/article178913186/Israel-Polen-Yad-Vashem-setzt-Netanjahu-unter-Druck.html

Redaktion :

Małgorzata Burek
Jacek Cichoń +
Jerzy Paetzold
Christel Storch-Paetzold
Łukasz Szopa
Krzysztof Wójcik